Zu den Symptomen: Ich verliere ab und an die Stimme; für gefühlt eine Stunde. Meine sonstige Sprechstimme ist belegt. Und da ist ein permanenter, einmal mehr, einmal weniger wahrnehmbarer Schnupfen.
Mir geht zwar nicht schneller die Luft aus, die durch die Elternschaft bedingte Erschöpfung wurde belastender.
Beim Denken zerfranst nicht mehr alles so schlimm , eher muss ich darum bitten, dass Gesprächspartner etwas wiederholen bzw. nachfragen ob ich es richtig verstanden hätte.
Oft suche ich nach Worten, das Gefühl ist allerdings nicht … Sie liegen mir nicht auf der Zunge, sondern sind in einem Zimmer, dessen Schlüssel ich nicht finde.
Aber es wird besser.
Bei der jährlichen Blutuntersuchung stellte sich heraus, dass ich beim Herzinfarktrisiko an der Höchstpunktezahl kratze – das Spiel verliert man lieber. Es wurden Tabletten zur Senkung der Blutfette verordnet – ich bin da einen Verarbeitungsschaden geerbt –, ich nahm schon einmal ein anderes Präparat derselben Wirkstoffgruppe, setzte es wegen der Nebenwirkungen ab. Meine Beine schmerzten; mein damaliger Internist hatte das Selbe Problem, allerdings mit Kopfschmerzen. Mit der Einnahme werde ich warten, bis ich ein wenig flexibler mit meiner Zeit bin, damals hatte ich Momente an denen Bewegung nur unter Anstrengung möglich war.
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Auf dem Weg zum Arbeitsplatz sprach mich eine Straßenverkäuferin einer Obdachlosenzeitung an. Ich nahm eine Ausgabe ab, und da fragte sie, ob ich ihr Windeln für ihr Kind besorgen könnte. Im Markt kauften wir auch noch Zahnpasta und Zahnbürsten für die Kinder und Hygieneartikel für sie. Ich gab ihr auch noch das restliche Bargeld mit, dass ich eingesteckt hatte. Da bat sie mich um mehr, um die Miete zahlen zu können. Und in dem Moment dachte ich an mein Budget, das nicht üppig ist, aber ihres übersteigt, und sagte, dass sei alles was ich im Moment tun könne. Ich habe ein schlechtes Gewissen – das Gefühl, nicht genug getan zu haben.
Auf der Fahrt nach Hause von einem Job tratschte ich mit dem Fahrer über die österreichische Bürokratie. Da wurde er erst traurig, und erzählte mir davon, wie er beim Kauf einer Geschäftsimmobilie über den Tisch gezogen wurde, und die offenen Rechnungen des Verkäufers erbte, bevor er lauter wurde, und den Mord an dessen Nachkommen und deren Nachkommen versprach – mit einer Schusswaffe imitierenden Hand. Er versicherte mir, dass er zuversichtlich in die Zukunft schaue. Mehr als «Ich hoffe es.» fiel mir als Antwort nicht ein.
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Nach 26 Jahren Pause war ich Eislaufen. Natürlich vergaß ich dabei ein zweites Paar Socken mitzunehmen. Deswegen schien es zwar, als hätten die Leihschuhe versucht, mir die Füße an den Knöcheln abzunagen, bei der optischen Kontrolle am Ende waren es dann «nur» Druckstellen. Die Motivation dazu, sich wieder aufs Eis zu stellen kam von Kirby. Der ließ das letzte Jahr das Eislaufen aus, verlernte in der Zeit aber nichts.
Mir wurde der Trubel dann zu viel.
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Thomas Brezina ist 60. Vor dem hätte ich mich schon zu meiner Schulzeit in einem brennenden Haus versteckt. Man erzählte mir immer wieder wie toll die Bücher sind, und in einem Moment der Schwäche kaufte ich ein Buch der Knickerbocker Bande. Joa, eh; wenn man gerade nix wichtigeres hat, über das man sich aufregen kann ist es brauchbar. Wie gesagt, während der medialen Lobhudelei fragte ich mich immer wieder, wer den Geschmacksverwirrter ist/war – und was es mit dem Schmalz auf sich hat.
Ein Tom Turbo Buch kaufte ich, weil die Figur auf dem Cover mich an Samus Aran erinnerte.
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Die Zeit die ich alleine mit Kirby verbrachte war anstrengend. Als die Frau die Tür aufsperrte, fühlte ich, wie sich mein Hintern entspannte. Der war zwei Tage verkrampft, ohne dass ich es mitbekam.
Dabei ist das Kind pflegeleicht. Ja, wir schauten ein wenig mehr Pingu als üblich, aber wir bauten auch ein Schattentheater.
Momentan hat Kirby Angst vor Monstern. Dabei hat er begriffen, dass diese nur in seinem Kopf sind – sehr reflektiert für sein Alter, aber er kann nicht über seinen Schatten springen, obwohl er in diesem … «Höhlengleichnis» in dem er sich befindet weiß, dass er nur ein Schattenspiel beobachtet und der Ausgang vorhanden ist.
Aber da ist er wie ich. Es ist oft so schlimm, dass wir uns nicht abwenden können.
Man kann nicht jedem helfen, der weniger hat als man selbst. Die richtig großen Summen, die solche Situationen z.B. für Obdachlose beenden könnten, die liegen sowieso bei anderen Leuten.
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ich weiß, aber genau die Leute haben kein Interesse daran zu helfen… Es bringt mich an den Rand des Aushaltbaren, dass jemanden der nicht nach dem Leben bat, dieses Los zu Teil wird.
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Ich hatte kürzlich seit langem auch mal wieder eine Begegnung mit einer Obdachlosen, die mich sehr schockiert hat. Ich war im Gegensatz zu dir überhaupt nicht handlungsfähig und völlig überfordert, so dass ich dich zu deiner ausgewogenen Reaktion beglückwünschen möchte!
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Danke! In dem Fall hatte ich Zeit und frisches Geld auf dem Konto … wenn ich im Berufsstress gewesen wäre, wäre ich getürmt. Was ich schon einmal tat.
Ich versuche Kirby vorzuleben, dass man auch ein wenig geben könnte.
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