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wer hätte gedacht…

Das ich den Untergang der hiesigen Sozialdemokraten erlebe. Kontext: Es gab bei uns nach langem hin-und-her eine neue Obpersonenwahl, die in einer Stichwahl endete, bei der es zu Einbeziehung einer ungültigen Stimme kam, und das Wahlergebnis vertauscht wurde. Dies, und die zahlreichen anderen selbstdemontierenden Gesten der diversen Akteure werden wohl nicht zum Wählergewinn beitragen.
Hoppala, ich vergaß, bei wem man sein Kreuz alternativ anbringen kann…

Fünf Minuten nach abschicken des Eintrags:
Meine Eltern treten aus der Partei aus. Mama sagt «De Pam hot de Gschicht gwuna, weus sa sie afoch gschlichn hot.»—«Pamela—Rendi-Wagner, bisherige Pareivorsitzende—gewann die Sache, indem sie den Posten räumte.»

Wieso beschwert man sich über junge Menschen, die vor einem Konzert eine Zeltstadt vor dem Austragungsort aufstellen? Früher war das bei den Beatles so, und morgen bei einer anderen Kapelle. Ich frage mich, wie man in seinen 40ern schon so verbittert, wie manche meiner Kollegen sein kann. Wenn sich jemand um die Sicherheit der Zeltenden Gedanken macht, das würde ich als Argument einsehen, aber «Haben die keine Schule/nix besseres zu tun?» Frage mich, was die Leute in dem Alter machten. Im Salon vom Cricket spielen bei einer Vorlesung von Voltaire in der babylonischen Übersetzung erholt? Nein, Besuche bei Engelmacherinnen, Verkehrsunfälle und diverse Räusche werden als Heldentaten der Jugend erwähnt, klar das einen 20 Jahre später der Neid anknabbert.

Filme 2023 – 43

Return to Seoul (2023)

Freddie kehrt in ihren 20er Jahren nach Seoul zurück, um ihre Eltern kennenzulernen, welche sich zur Adoption freigaben.
Wir begleiten sie durch die folgenden acht Jahre, in denen sie versucht ihren Platz zu finden.

Ich bin wohl der eine Mensch, dem der Film nicht gefiel.
Park Ji-min in der Rolle von Freddie ist großartig. In jeder Sekunde meint man, sie würde vor Frust explodieren. Sie ist getrieben von der Suche nach ihrem Platz in der Welt, und diese Suche bringt sie an unerwartete Orte und zu unerwarteten Menschen.
Dieser Film bietet einem keine Linie, an der man zurück an den Anfang zum «Dein Platz ist unter Deinen Füßsohlen»-Ende, sondern er mäandert zu einem «Ein Platz ist unter Deinen Füßsohlen»-Ende, und lässt uns damit alleine—allerdings mit einem möglichen Spiegel, der Freddie eine Art Erkenntnis über sich liefern könnte.
Das sollte mir gefallen, aber das kontrastarme Bild, welches Superhip aussieht, in Verbindung mit der Geschichte aber frustrierend nichts-sagend wirkt.
Wie anfangs erwähnt, es ist das Schauspiel von Park Ji-min, welches mich bei der Stange hielt, und wie man entschied dieses festzuhalten.
Vielleicht rechnete ich auch mit einem Ende, welches mir die Hand hält und verspricht, dass alles besser wird.

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i am the thorn

Im Bus fiel mir eine junge Frau auf: Hidschab, Slayer Shirt, Nietenarmband und CAT-Rucksack.
Ich kann nicht vollends nachvollziehen wieso, aber als mich die Frau fragte, worüber ich so angestrengt nachzudenken schien, antwortete ich «Vielleicht gibt es doch noch Hoffnung für die Welt.»

Sie erinnerte mich auch an die Schülerin, die bei uns in der Nähe zur Schule ging—ich traf sie seit zwei Jahren nicht mehr—und die mich an einem Tag an dem ich nichts anderes mehr anzuziehen hatte, auf ein Bandshirt ansprach, eines von Cradle of Filth mit dem Schriftzug «Abracadaver». Cradle wäre nicht so ihres, aber die neueren Sachen seien gut, mit mehr Trash. Ich hörte nach Midian auf neues zu hören. Vielleicht höre ich einmal in die moderneren Sachen rein. Thornography wurde da universell als «Naja» bewertet.
Aber zurück zu Bandshirts: Ja, nur nicht mehr für mich weil ich es nicht mehr notwendig habe der Welt erzählen zu müssen, was für ein Bösewicht ich bin, und ich jetzt weiß, was für tatsächlich abscheuliche Menschen ich mit meinen sponserte. Und heute wirke ich mit dem Touched by Jesus, fingered by God-Shirt wie ein Perverser, und nicht mehr wie ein Rebell.

Filme 2023 – 42

Ryuichi Sakamoto – Coda (2017)

Ein Blick ins kunstschaffende Leben von Musiker/Komponist Ryuichi Sakamoto.

Es fällt mir schwer den Film zu beschreiben. Sakamoto-sama war ein Getriebener, immer auf der Suche nach auralen Eindrücken, nach Klangbildern. Und wie er diese dazu benutzte Bilder zu unterstreichen oder seinen Aktivismus in Töne zu fassen. Und auch wenn immer wieder die kindliche Freude und Wissbegier auftaucht, die er sich bewahrt hatte, fehlte mir … persönliches. Vielleicht ist dies aber auch nicht wichtig für das Werk, das er hinterließ … vielleicht ist es vollkommen ausreichend zu sehen, wie er sich mit einem Kübel auf dem Kopf kurz in den Regen stellt, um zu wissen, wie es klingt.

Ein meditativer Film über einen Musiker, der sein Werk als seine eigene Sprache zu verstehen schien.

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ritterlich

Ich besuchte ein Ritterfest—nicht freiwillig, aber als Kirby erfuhr, dass ich kurzfristig Zeit bekam, fragte er ob ich mitkommen könnte. Wenn dein Kind dich an der Hand packt, während es dich mit Hoffnung im Blick anschaut, verschwindet das Wort «Nein» aus dem Sprachschatz.

Aber gerade fällt mir ein, ich hatte davor noch ein anderes erstes Mal, Bouldern, was die Unterlage für das Ritterfest bildete. Ich hole aus:
Seit Monaten will die Frau wieder klettern, und eine Kollegin erzählte ihr von einer Boulderhalle, die von uns aus leicht erreichbar ist, relativ günstig ist und einen Kinderberreich hat. Als wir Kirby fragten ob er einmal klettern will, war er davon begeistert—hätte mich gewundert, wenn dem nicht der Fall gewesen wäre.
Was Kirby nicht mag: Veränderung. Da gehört auch das verlassen der Wohnung dazu—besonders wenn ich dabei bin.
Wir schafften es zur Halle, bei der neben dem Zu-/Ausgang eine Kühltruhe mit Eis steht. Damit war der Blick durch die große Glasfront auf die Kletterlandschaft vergessen, es war Eiszeit.
Davon ließ er sich mit einem «Auf dem Weg nach Hause.» abbringen.
Beim anziehen des passenden Schuhwerks trafen wir dann auf den Tropfen, der das Fass zum platzen bringen würde: einen Wuzzler—Tischkicker. «Machen wir vor dem Eis.» wurde zwar von Kirby gehört, aber nicht verinnerlicht. Nach einmal im Kinderbereich zum Zugang der Rutsche hochklettern und Rutschen war es für Kirby gelaufen, es war Zeit für Wuzzeln und Eis.
In dem Moment kamen andere Kinder hinzu, die wir beim Schuhtausch aufwärmen sahen, welche den Raum mit Enthusiasmus ausnutzten. Und wie Kirby auf die reagierte, ließ mich daran zweifeln, dass es sich bei dem Menschen um mein Kind handelte. «Ich bin Kirby. Ich bin stark. Habe viel trainiert.» stellte er sich vor. Die Kinder stellten sich «sozial verträglicher» vor. Kirby schien enttäuscht, und versuchte seinen Worten Taten folgen zu lassen. Er machte das gut, es fehlte ihm nur an einer entsprechend trainierten und vorbereiteten Muskulatur, was ihn so frustrierte, dass sein Klagen nach Benutzung des Wuzzler immer lauter und unfreundlicher wurde.
Ich versuchte ihn zu motivieren, und kletterte ein wenig im Raum herum. Später erzählte mir die Frau, sie zweifelte daran, dass dies mein erstes Mal «an der Wand» war. Einmal musste ich den Rücken gegen die Zimmerdecke drücken, um den rechten Arm wegen eines Krampfes zu entlasten—natürlich turnte ich mit meinem chronisch eingeklemmten Nerv im Schulterblatt herum. Es nutzte aber alles nichts, Kirby hatte Bouldern für heute durchgespielt. Und als wäre seine Vorstellung nicht genug gewesen, brach er in Tränen und Schuldzuweisungen aus, als einem der anderen Kinder ein Schaumstoffwürfel aus der Hand glitt, und ihn an der Brust streifte. «Da hat einer olympische Arschlochambitionen.» war mein erster Gedanke. Ich ließ mir einen Würfel an den Kopf werfen, um nachvollziehen zu können wie fest die denn tatsächlich sind, und gebe zu, es ist keine angenehme Erfahrung, rechtfertigte Kirbys Reaktion allerdings nicht. Auch wenn er sich erschreckte, kam das andere Kind sofort mit einer Entschuldigung angerannt.
Wir holten ihn also erst einmal aus der Situation heraus, und reichten eine Jause. Natürlich spielten zu dem Zeitpunkt eine Gruppe voll Inbrunst an dem Wuzzler—konnte man das Ding nicht in eine schlecht beleuchtete Ecke stellen?!
Ich nutzte die Zeit und sah mir das Publikum an. Lauter kompetent und sicher wirkende Leute, die voll im Saft zu stehen schienen. Meist hilft es, mir vorzustellen ich sei körperlich nicht anwesend, um so eine Situation auszuhalten, dieses Mal nicht. Ich wollte da auch weg.
Nach ein paar Kletterversuchen von Kirby gaben wir auf.
Und Wuzzelten eine Runde.
Aber Eis gab es keines.
Und dafür ließ er uns den Rest des Tages büßen.
Aber: ich zeichnete eine gelungene Portion Spaghetti—so gut es mit meiner Fähigkeit, Dinge zu zeichnen möglich ist.

Zurück zum Ritterfest:
Kirbys Verhalten setzte sich dort nahtlos fort. Als hätte man einen Schalter umgelegt, erklärte er den Anwesenden wie gut er nicht in Allem sei. Er bat mich, ihn zum Armbrust schießen zu begleiten, wo er ja alles treffen würde. Als er vor der kindergerechten Armbrust stand, war der Herr Polymath allerdings schon am Ende seiner Fähigkeiten, denn er schien beim Training gefehlt zu haben, als es darum ging die Sehne der Armbrust zu spannen. Und auf die Frage nach Hilfe gab es dann ein «Ich dachte du bist der beste Schütze.» von mir. Natürlich half ich ihm danach, und sah ihm danach ein paar Mal beim danebenschießen zu. Meine Lektion in «Schau dir einmal in Ruhe an, wie sehr das Ding verzieht, dann Ziele, und dann drück ab.» hörte er sich zwar an, und gemeinsam trafen wir ein paar Sachen, ermüdend war es trotzdem.
Er ist ein Kind, in einem Alter in dem sich einiges ändert. Die Älteren erzählen ihm Horrorgeschichten über die Schule weiter, die ihnen erzählt wurden, gegenüber den Jüngeren soll man sich abgrenzen, obwohl man das vielleicht nicht möchte—was bei Kirby—noch?—kein Problem ist.
Wie war ich in dem Alter? Ich traue mich nicht, eine Antwort zu geben bzw. meine Eltern zu fragen, weil die durch den Nebel der Erinnerung wohl keine klare Antwort geben können. Bei einer Unterhaltung mit meiner Mutter bat sie mich darum, nicht wie sie damals auf Angst als Erziehungsmittel zurückzugreifen. Ich musste jemanden erzählen, langsam den Glauben an eine gewaltfreie Erziehung zu bezweifeln. Damit meine ich nicht die körperliche Züchtigung, sondern nicht den verständnisvollen Papa spielen, der Versucht die Situation zu verhandeln—im glaube, mein Gegenüber möchte dies auch—, sondern ebenso auf Stur zu stellen und zu kommunizieren, dass es mir im Moment schwer fällt Sympathie zu zeigen.
Aber ich muss ihm zugute halten, dass er danach recht verträglich war. Die Vorfreude auf das an diesem Tag stattfindende Eis ließ ihn ausscheren, aber was solls, ich habe auch Scheißtage.

Das Ritterfest irritierte mich nicht nur durch die Masse an Menschen, Lärm und Gestank—den ich erst wahrnahm als ich Abends an meiner Garderobe roch—, auch das legere Führen von Waffen schürte meine innere Unruhe. Ich spreche da von Dolchen, Messern und Beilen in der Größe eines Unterarms. Viele von denen werden wohl nur zu Schauzwecken getragen, aber wenn da nur drei Häferl dabei sind, bei denen die Trümmer einsatzbereit sind … da verliere ich den Glauben in die Exekutive, die mich wegen meines Arbeitsmessers ermahnte—welches zum Zeitpunkt der Kontrolle damals bereits in schlechter Verfassung war—aber hier deutlich größeres Schneidwerkzeug mit einem «Schau dir den Feidl au.» kommentierte.
Und natürlich gingen mir die ganzen Leute in «historisch Akkurater» Kleidung auf die Nerven. Ja, das ist lieb, aber wenn die dann eine Sonnenbrille aufhaben … es ist schon schlimm genug, wie verklärt man selbst auf die Zeit blickt, und bei solchen Veranstaltungen in seiner Meinung bestätigt wird.
Aber ich gebe zu: die Turnierkämpfe waren interessant anzusehen. Die Teilnehmerinnen haben sich dabei amtlich verdroschen, und die Unterhaltungen der Schiedsrichter waren … angenehmes Klugscheißen.
Aja, und dann war da der Verkäufer am Wildschweingrill, der verkündete, dass der Verzehr seiner Waren sich positiv auf die persönliche Klimabilanz auswirke. Wieso werde ich wohl nie erfahren.

Am einem Arbeitsplatz fiel uns ein zwar oft vermitteltes, aber von den Entscheidungsträgern konsequent heruntergespieltes Problem, auf die Füße. Kurzfristig fünf Kilometer 140mm2 aufstellen—wir verwenden in Europa ein Dreileitungssystem, plus Neutralleiter und Erde—, samt Aggregat und USV—nterbrechungungsfreie Stromversorgung—erschien uns erst unmöglich. Unser elektrotechnischer Dienstleister schaffte dies allerdings binnen zwei Tagen. Ich kann mir nur vorstellen, dass sich auf irgendeinem Werksgelände gerade jemand fragt, wo das Zeug dass eigentlich gerade auf einen Anhänger geschoben werden sollte, hingekommen ist.
War lustig wieder Kabel zu ziehen und herumzuklemmen. Beim anklemmen unter Spannung mussten wir die Leute vom Dienstleister übernehmen lassen. Aber wir lernten neue Technologie kennen: Schwungmassen, die bei Netzausfall den Motor, der sie davor noch antrieb übersynchron laufen lassen, ihn damit zum Generator machen aber mit beinah verschleißfreien, magnetischen Lagern verbunden sind. Da stehst du neben einem Ding das mit 5000 Umdrehungen in der Minute rotiert, und bemerkst nur ein leises Surren.

Und ich raufe wieder wegen der Kinderbetreuengszeiten. Der ewige Krampf…

Wieso sagte mir niemand, dass es neu gemachte Capatwin Future Figuren gibt? HL Pro brachte da welche heraus, allerdings ist der Preis durch den 1/5 Maßstab entsprechend happig—was vor den momentanen Alltagskosten kein Problem war.
Außerdem hat Bandai die Ultra Q Monster aus Shin Ultraman angekündigt, und die kennt Kirby auch, und die sind stabil und halten damit «toben» recht gut aus.

Weil ich gerade Pop-Kultur anriss: Die Debatte um den neuen Indiana Jones Film verstehe ich nicht. Natürlich ist der «scheiße», der ist auch nicht mehr für Leute gemacht, welche die ersten drei in ihrer Jugend sahen, sondern für ein neues Publikum.
Außerdem: wieso scheint es mir so, als muss alles plötzlich einen Kanon haben? Hatten die ersten drei auch nicht, weil es gegen die Ursprünge der Figur gehen würde: dem Groschenheft Abendteuerer, bei dem jedes Heft das erste ist, und Kontinuität nur existiert, wenn sie es muss. Man sah bei Star Wars wo das hinführen konnte … über welchen Blödsinn ich mich mit Leuten unterhielt. Lustig wars trotzdem, trotzdem, wenn die jüngeren Mitarbeitenden sich in Gesprächen über «Es ist unrealistisch, dass ein Drache XY kann.» verlaufen, erinnere ich sie daran daran «Es ist alles Bullshit, verlauft Euch nicht darin.» Nicht, dass sie nichts anderes vorzuweisen haben, als sich mit diesem besonders gut auszukennen, wenn sie in ihren 40er sind.

Da beneide ich gerade einen der ehemaligen Liebhaberkollegen momentan, der ist in meinem Alter, und macht sich gerade selbstständig—hat seinen Meistertitel gemacht und schaut jetzt einmal weiter. Könnte einmal nachfragen, ob er schon seinen Gewerbeschein hat. Ich arbeite momentan nur darauf hin, jeden Tag im Bett zu landen, mir die Decke über den Kopf zu ziehen, und so zu tun, als wäre ich alleine auf der Welt.
Und es fällt mir schwer, mit ehemaligen Kollegen Kontakt zu halten.