Spaßquarantie

:: journal ::

Die letzten Tage über „begleitete“ ich die jüngere Nichte in der Schulzeit. Einer Ihrer Mitschüler fasste meinen Eindruck über das Lernen auf Distanz treffend zusammen: »Leitln, mi zaht des do nimma.«—»Werte Anwesende, der momentane Zustand des Unterrichts erschwert mir die Aufrechterhaltung meiner Motivation, daran teilzunehmen.« Ständig flogen Teilnehmer aus der Sitzung, und riefen Mitschüler an, damit diese die Gruppe informieren, und dazwischen mitzuhören. Die Lehrerenden wirkten erschöpft, und dieser Zustand war auch bei der jungen Nichte zu beobachten. Sie hatte schon immer das „Problem“, dass Sie gerne in Gedanken auf Reisen ging, während man mit Ihr sprach; und dieses Mal erwischte ich mich dabei, Sie zu begleiten.
Als ich die Hausaufgaben durchsah, wurde ich an diese Reisen erinnert. In Mathematik waren da ein paar sehr einfache Aufgaben dabei; die zwar aktiv gelesen werden wollten, aber deren Begleittext eine Hilfe enthielten. Sie schaffte nur eine Aufgabe. Wir korrigierten die Aufgaben zwar, da waren sie aber schon abgeschickt. Ich hoffe nur, dass Sie es sich ernsthaft noch einmal ansah.
Der Englischunterricht drehte mir die Zehennägel zu den Schienbeinen auf. Die Aussprache des Unterichtenden war…anstrengend. Aber dass gerade in dem Fach eine solche Lustlosigkeit praktiziert wurde—bzw. im Allgemeinen wird, wenn ich mich so umschaue—, ist mir unbegreiflich. Die Sprache ist allgegenwärtig, aber mit Anglizismen um sich zu werfen, bedeutet nicht, Englisch zu sprechen.

Ich besorgte Ihr einmal ein Wörterbuch, nicht einmal das liegt bei Ihr auf Lager. »Gibt ja Google« sagten die Lehrenden. Stimmt; aber der Akt ein Wort nachzuschlagen ist doch ein Lernprozess! Man darf mich altmodisch schimpfen, aber ich bin überzeugt davon, dass das analoge Erleben eines Prozesses die Grundlage für den Umgang mit dessen digitalen Gegenstücks bilden sollte—soweit möglich. Aber wir drücken den Kindern nurmehr Geräte in die Hände, erzählen Ihnen es sei die Bibliothek von Alexandria und lassen sie damit allein—ohne zu erklären was es mit der Bibliothek von Alexandria auf sich hatte.
Die Schulausgabe des Langenscheidts überraschte mich positiv. Und laut Bericht der Schwägerin, die junge Nichte ebenso.

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Innerhalb von fünf Tagen wurden 60% von Kirbys Kindegarten dicht gemacht. Wegen COVID19 Infektionen. Die Information darüber, dass wir ebenfalls betroffen sind, erreichte uns bei einem Spaziergang—hui, waren wir schnell wieder unterwegs in die Heimat. Die Behörde war flott bei der digitalen Zustellung des Absonderungsbescheids.
Und dann sitzt man so da, und sorgt sich um die Gesundheit seines Kindes und der anderen betroffenen Kinder sowie des Personals, und stellt fest »Hoppala, das Kind hat Fieber.« Der Heimtest sagte zwar »Negativ.« auf die Frage ob Kirby an COVID19 erkrankte, an Ruhe konnten wir jedoch nicht denken. Ein paar Stunden später stellte sich heraus: es waren Feuchtplattern. Das machte es zwar nicht leichter—weil es die Quarantänezeit verlängerte—aber es nahm uns eine Furcht.
Vorläufig.

Was es uns nicht nahm, waren die Reifen durch die wir sprangen, um notwendige Freizeit zur Betreuung zu schaffen. Ich habs da leichter, aber ich muss zugeben, die letzten Wochen haben mir wieder bestätigt…man kennt den Text.
Aber jetzt ist es wichtiger, sich um Kirby zu kümmern.
Damit er sich nicht noch einmal einen Fremdkörper in die Nase steckt. Den brachten wir überraschend schnell und einfach wieder heraus; ein Schock war es trotzdem.

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Die vorbestellte Iron Fist Figur von Mezco erreichte meine Türschwelle. Ich vergaß, dass man beim posieren der 1:12 Collective Figuren darauf achten könnte, die Kleidung nicht zu sehr zu spannen. Der nach Protesten hinzugefügte Gürtel stört mich. Auch wenn er die Silhouette verbessert und die Form „aufbricht“, es ist ein weiteres Ding das beim posieren bedacht werden will…das sind Probleme.
Eine Instagram Bekanntschaft lobt Mezco’s Doctor. Fate; mir reist der allerdings nichts raus. Dabei mag ich Doctor Fate. Ein „schlichterer“ Brustharnisch hätte da vielleicht gepasst. Am besten fand ich immer noch Khalid Nassour’s erstes „Kostüm“—Hoodie und Turnschuhe.

• Feuchtplattern = Windpocken
a brief history of Iron Fist in the Comics | tor.com
Mezco one-12 Iron Fist | mezcotoys.com
Asokathegeek’s Doctor Fate Fotostrecke | instagram

kein Lösungsvorschlag

[ journal ]

Kirby entdeckte die Vorteile eines frühen Start in den Tag für sich. Prinzipiell kein Problem, solange er jedoch nicht die Mindesthöhe, Geschicklichkeit und Verstand dafür hat die Küche zu bedienen und sich halbwegs still zu beschäftigen, ist sein Start auch unserer.
Und vier Uhr früh ist auch für mich ein wenig zu zeitig. Auch wenn ich an einem Servicetag nur eine halbe Stunde später aufstehe. Andererseits werde ich diese Tage erst gegen Mitternacht bettschwer.
In unserer Verzweiflung unternahmen wir den Versuch, Kirby erst eine halbe Stunde später zu Bett zu bringen; und rissen damit zwei Stunden mehr schlaf heraus.
Vorerst.
Die finale Evaluierung wird nach fünf Nächten stattfinden.

Veränderung macht dem Kind zu schaffen. Ganz der Vater.
Aber er ist mir in einem Vorraus: Anstatt seine Spielzeug U-Bahn durch den Raum zu schmeißen—das hat er inzwischen ganz gut draussen, Dinge kräftig und präzise zu werfen—drückte er sie der Frau in die Hand, und bat Sie darum, die U-Bahn in das „Pausenregal“ zu stellen.
Bei mir wäre der Scheißdreck geflogen.
Kirby ist jetzt schon weiter als sein Papa.

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Im Kindergarten dreht das Personalkarussell momentan eine Runde nach der Anderen — ein Kommen, Gehen und Schwangerschaften verlangen dies. Dazu kommt der Umstand, dass—und folgender ist der korrekte Terminus—die Scheißhäuser aus Niederösterreich momentan Fachpersonal per Bonuszahlung in deren Häuser lockt. Zuvor waren die Geschäftsräume der Kindergartenträgerorganisationen aus der Hauptstadt beliebte Ausbildungsorte, für frisch aus der Grundausbildung gekommene niederösterreichische Pädagoginnen1. Nach zwei Jahren in den wiener Schützengräben, setzte man sich die Veteranen in die Eignen.

Und dies lässt Wien momentan mit vielen Gruppen bzw. Häusern zurück, in denen es kein Personal mit deutscher Muttersprache gibt. Was man besonders in den Teilen der Stadt bemerkt, in denen auch die Muttersprachler förderbedürftig sind—wir wohnen in einem dieser Gebiete.
Deswegen rumort es im Momentan bei der Elternvertretung. Die Förderbedürftigen fürchten um die Bildung Ihrer Kinder, die weniger Bedürftigen ebenso, und die Leitung rauft sich die Haare und kann es niemanden Recht machen. Nebenbei wollen auch die Quarantänen und Verdachtsfälle und die Einhaltung der Hygienevorschriften jongliert werden.
Es ist eine blöde Situation, bei der auch ich keinen Lösungsvorschlag parat habe. Derzeit können nur die Eltern versuchen, so viel zu fördern wie möglich. Wir haben das Glück, das Kirby Bücher mag und sich vorgelesenes schnell merkt, und auch versucht, es anzuwenden.

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Ich habe ein Problem. Ich habe mir die gesamte erste Staffel Ted Lasso nach einer Empfehlung von nicht Fußballaffinnen Menschen, bereits drei Mal angeschaut.

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Wem Covid19 zu viel ist, der springe bitte zu den Fußnoten weiter.

Der Arbeitsplatz viel durch zwei schöne Gesten auf. Ich bin mir nicht sicher, ob wir diese auch verdienten; aber da ist der paranoide Teil meines Denkeisens daran Schuld. Ich ängstige mich davor, dass diese Gesten als Ablöse gewertet werden könnten, wenn es dann einmal um die Wurscht geht.

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Ein Nachbar feiert seinen Geburtstag. Laut. Menschen schlugen gegen Möbel, begleitet von brüllendem Gelächter.
Prinzipiell kein Problem—bis 22:00, es war ein Wochentag—, doch war der betroffene Nachbar einer von denen, für die wir unterstützen, weil sie aufgrund Ihrer Krankengeschichte so viel Zeit wir möglich zu Hause verbringen.
Hmm, das ließt sich wie eine Anklage, aber ich bin auch froh darüber, dass der Nachbar wieder einmal „die Sau“ frei laufen ließ. Wird sich über die letzten Monate genug Druck aufgebaut haben. Nur weil ich mich bis in den… März einmurmeln möchte, heißt das nicht, Andere sollen nicht draufhauen dürfen.
Der Zeitpunkt ist nur ein wenig deppat. Mit einem weiteren Lcokdown—Lockdown 3: Jetzt erst recht—ums Eck. Andererseits, dass war zu dem Zeitpunkt noch nicht bekannt; auch wenn die Nummern und der Platz zwischen den Zeilen darauf hindeutete.

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Bei einem Test—ich hatte Kontankt zu einer K1 Person, und hatte ein Ziehen in der Lunge—wurde mir gezeigt, wie man einen Nasenabstrich korrekt durchführt. Wird nicht weniger schlimm, aber es gibt einem ein gutes Gefühl. Einmal mit Profis arbeiten.

1.. Als geschlechtsneutrale Bezeichnung würde ich „Pädagogis“ nehmen.

353-2018 | 353-2017

Bobbys Porsche

Unser Kinderarzt rauft seit einigen Monaten mit Ihrer eigenen Gesundheit — so auch dieses Mal, als wir Hilfe mit Kirbys Zähnen und begleitenden Symtpomen brauchten.
15 Stunden Schlaf in vier Tagen ließen mich verzweifeln.

Zuvor riefen wir die lokale Gesundheitshotline an — bei Fieber und Erkältungssymptomen bei Kindern ist dies im Moment erwünscht —, und es war spannend zu erleben, wie wir von
„Gut das sie angerufen haben, mein Toaster brannte heute eine ’19‘ auf mein Frühstück, und sie sind mein 19ter Anrufer; der Coronabeauftragte wird in ein paar Minuten aus dem Diskettenschlitz oder dem Sanitärporzellan steigen.“
zu
„Naaah, wird scho‘ nix sei.“
gekommen sind.

Einen Kinderarzt zu finden, wurde seit unserer letzten Suche nicht einfacher. In der inneren Stadt war einer bereit dazu, uns in seinen Kalender zu schummeln.
Und man merkte wieder, wir kommen aus einem Arbeiterbezirk. Natürlich war das Bobby Car im Wartebereich ein Porsche und die Bücher waren beinahe ungebraucht — und bildend. Aber das Buch mit den Star Wars Risszeichnungen ist nicht mehr Kanon.
Im Gespräch mit dem Arzt fühlte ich mich…dumm. Die Sprachmelodie, die Wortwahl, die generelle Aura der Ruhe und Ausgeglichenheit…ich möchte nicht sagen, dass er mich entsprechend behandelte — im Gegenteil, er gab mir sogar einen französischen Spitznamen: Kretin1 —, ich wäre nur gerne gebildeter.

Kirby hat mit den neuen Zähnen eine Entzündung der Schleimhäute kassiert. Das kann man leider nur aussitzen…leider nicht ausschlafen.
Trotzdem fürchte ich, dass es etwas schlimmeres sein könnte.


1.. Hat er nicht, ich wollte nur lustig sein.

Behold! The world eating machine!

– 2apr20 –

A street is being torn apart by a giant plant grower below the city.
Used to illustrate the amazing miniatures used in the japanese TV show Ultra !
aus Ultra Q ep.3: Mammoth Flower (マンモスフラワー, Manmosu Furawā)

Vormittags habe ich mir Kirby geschnappt und einen Spaziergang unternommen.
Zuerst dachte ich, es würde schwer werden eine Stunde unterwegs zu sein – wir haben 2h15 draus gemacht.
Die Leere ist mir erst heute so richtig bewusst geworden. Die paar Menschen die wir getroffen haben, haben Abstand gehalten. Ein Hundebesitzer hat mich freundlicherweiße schon beim erscheinen am Horizont darauf aufmerksam gemacht, dass sein Hund ein Problem mit Kindern hat – aber er war in ein robustes Geschirr mit Beiskorb geschnallt, da habe ich mir weniger Sorgen gemacht. Einen Sattel auf den Rücken, und es wäre ein Streitross für Kirby.

Der hat uns heute gebeten, Ihm die Galactus[1] Figur vom Regal auszuhändigen. Die Figur hat ein Soundboard verbaut, und Kirby hat den Ausführungen des Devourer of Worlds[2] amüsiert gelauscht, während er die Artikulationsmöglichkeiten der Figur erkundet hat.

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Bei ebay Tinte gekauft.
Die Versandkosten sind vom Angebot zum Bezahlbildschirm um 999 USD gestiegen.
Ein paar e-Mails später konnte der Kauf storniert werden.

Ich hoffe mein „Stammjapaner“ kommt im Mai auch wirklich aus dem Urlaub zurück. Weil er ein feiner Kerl ist und mich nicht ungut über den Tisch zieht.

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Die Haustiere des Nachbarn sind interessant zu versorgen: Schnecken und Raupen.
Kommende Woche werden wir die Raupen für die Schützlinge der Frau dokumentieren – da kann Sie ein paar Tage Beschäftigung für die Eltern und Kinder herausschlagen.
Ich habe vorgeschlagen, den Kindern die Mothra[3] Filme als Hausaufgabe anzuschaffen.

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Beraubt man Kindern mit Heimunterricht der Möglichkeit, anderer Lebensrealitäten kennenzulernen?
Mir ist bekannt, wieso Eltern die Bildung Ihrer Kinder gerne selbst in die Hand nehmen möchten, nur wirkt es für mich unabhängig von den Akteuren nach Indoktrinierung. So wie auf den Eliteschulen, nur wird das Weltbild noch weiter eingeschränkt. In den USA feiern sich da gerade ein paar neureiche Demokraten dafür, ihre Kinder nicht dem weißen Haus zu überlassen. Finde ich ähnlich gefährlich. Andererseits, am Tag vor den Schulschließungen bin ich an einer Schule im sechsten Bezirk vorbeimarschiert, und schockiert über den Spruch der Kinder gewesen. Wie rennt das erst bei uns im Brennpunkt?

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<Aluhut>

Mein Kanzler ist im Moment zu beschäftigt um über die Änderung der Riegierungsform in Ungarn nachzudenken – und der Koalitionspartner anscheinend ebenfalls –, außerdem ist das Epidemiegesetzt ausgehebelt worden, was bedeutet das ganz viele Unternehmen ganz viele Schulden machen werden, und diverse Unternehmer diverse Förderungen einstecken werden, ohne Jobsicherheiten anzubieten. Trotzdem wird man bei einem halbwegs positiven Ausgang der Situation dem Kanzler ein Denkmal setzen, und wenns oasch wird, werden Andere neben der Krot auch die Schuld fressen dürfen.

</Aluhut>


fußnoten

[1] Galactus
–en.wikipedia.org
[2] Marvel Masterworks Galactus speaks
–youtube.com
[3] Mothra
–en.wikipedia.org