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16mar20

Es sind weniger Menschen auf der Straße – zum Großteil Ältere.
Es wird weniger, aber es wird gehamstert. Viele der vollen Einkaufstauschen sind jedoch nicht nur für die Träger, sondern andere Menschen bestimmt.
Man sieht viele Schutzmaksken – keine davon sitzt richtig, manche werden unter der Nase getragen. Manchmal sieht man Handschuhe, aber keine Disziplin – man greift sich ins Gesicht, telefoniert, und nimmt die Handschuhe durch ziehen an den Fingerspitzen ab.
Wenn die Studien über die Länge der Pandemie stimmen, sollten die Menschen aufgeklärt werden – aber wieso sollte es bei dieser Verhütung anders laufen?

Yashica Electro 35
Ilford hp5 400 +1

In der Nacht lässt Kirby einen Plärer hören, der die Frau und mich im Bett stehen lässt. Als wir neben seinem Bett stehen, wirkt er ebenso erschrocken wie wir. Zehn Minuten später schläft er wieder.

Nachmittags führt die Frau Ihn aus.
Ich versuche mich in der Zeit zu beruhigen – ich habe kein Problem damit nicht aus der Wohnung zu gehen, ich habe ein Problem damit, anderen Menschen und deren Emissionen nicht entkommen zu können. Beim Mittagsessen trage ich meinen Gehörschutz. In der Zeit lese ich Der spazierende Mann[1]. Es hilft; den Manga muss ich gesondert besprechen.

Für den Rest der Woche bin ich freigestellt. Zu welchen Bedingungen wird noch geklärt.
Die Frau ist einberufen worden, es fehlt an Personal.

Um 18h ist geplant, den Menschen zu applaudieren, die sich darum kümmern, dass sich die Welt halbwegs stabil weiterwuzelt. Die Aktion läuft besser ab, als der gestrige Aufruf dazu, die Bundeshymne zu singen. Im einsehbaren Radius unseres Grätzls[2] sind es drei Parteien die klatschen. Kirby ist auch dabei.

Machine Sentai Kiramager[3], die aktuelle Super Sentai Serie ist überraschend brutal – da wird der gute König von einer Gruppe feindlicher Soldaten noch zusammengetreten nachdem er schon auf dem Boden liegt, während sich dessen Tochter eine Ecke weiter versteckt – und es enthält das verstörendste Kostüm, das ich in meiner Tätigkeit als Zuschauer dieser Sendungen bisher gesehen habe.


fußnoten

[1] Der spazierende Mann
–carlsen.de
[2] Grätzl = Umgebung des Wohnorts.
[3] Machine Sentai Kiramager
–powerrangers.fandom.com

15mar20

Nachmittags verlangt das Telefon nach meiner Aufmerksamkeit – der Chef ruft an. Morgen braucht bis auf ihn keiner aus der Abteilung am Arbeitsplatz zu erscheinen. Man setzt sich erst einmal zusammen, um die Lage zu evaluieren.
Später meldet sich die Gewerkschaft – es geht um Entgeltausfälle und die Bedingungen der Kurzarbeit. Damit hat die Geschäftsführung einen Hebel um uns zum Abbau von „altem“ Urlaub und Überzeiten zu bewegen. Der Rahmen der Maßnahmen lässt mich an mancher Projektion zweifeln – aber die Frau holt mich auf den Boden zurück, indem Sie mich daran erinnert, dass man eben langfristig planen muss.

Yashica Electro 35 | Ilford hp5 400+1

die liebe Familie

Wir versuchen uns zu Hause einzuigeln. Vormittags funktioniert dies sogar gut – Nachmittags zieht es uns dann aber nach draußen. Wir setzen uns ins Auto und fahren. Und egal wie weit wir auch fahren, man entkommt den Menschen nicht. Logisch, wir sind ja überall – aber an jedem anderen Sonntag sind um diese Zeit drei Leute in den Gegenden unterwegs, aber nicht heute.
Das wird keine lustige Zeit…mein Verlangen nach Einsamkeit wird langsam und beständig intensiver.

die Allgemeinheit

Sogar die besoffenen Jugendlichen sind schon zu früher Stunde unterwegs gewesen. Versucht das Land noch den letzten Tropfen aus den letzten 24 Stunden in relativer Freiheit zu pressen? Aber jongliert man dann mit Glasflaschen – wenn man ein Huterl[1] auf hat? Vielleicht ist das auch der beste Zeitpunkt um zu leben.

Vaterfreuden

Es kommen immer mehr verständliche Worte in Kirbys Brabbeln vor. Auch wenn die Anzahl nicht ausreichend dafür ist, man bekommt immer öfter den Eindruck eine Unterhaltung zu führen.
Wir beginnen auch, verschiedene „Bausysteme“ miteinander zu kombinieren – was die Umgebung um Seine Bahnstrecke spannender als die Bahn selbst macht. Das erinnert mich an die Kleinbahn Landschaftsplatte meines Opas. Dabei sind die Vorstellungen meines Opas mit denen von Brüderlein fein und meinen kollidiert – das ist unschön gewesen. Derzeit spielen wir mit Kirby Free Jazz, aber was wenn er seinem eigenen Beat folgen möchte? Hoffentlich bin ich dann reif und sicher genug um entweder Ihm zu folgen, oder meine eigene Kapelle zu bespielen.

was Die können…

Wien wollte es den Italiener gleich machen, und hat dazu aufgerufen, um 18h die Bundeshymne anzustimmen.
In unserem Grätzl[2] ist es still gewesen, bei Bekannten ist „I am from Austria“ angestimmt worden, und in den sozialen Medien machte ein Video die Runde, in dem ein Wiener sich über den Lärm beschwert.
Man lebt in der drittunfreundlichste Stadt der Welt[3], wieso nutzt man das nicht, und lässt die Leute jeden Tag um 18h einfach schimpfen und keppeln und granteln. So haben wir gelernt dass die Schulbildung in einem Fall tatsächlich umsonst war, es niemanden interessiert oder bekrittelt wird.


vorbeigelaufen

Gut das nicht…hätte ich mir denken können.
Doch keine volle Entschädigung bei Geschäftsausfall wegen Corona
–derstandard.at

Eine Analyse der COVID-19-Gesetze
–epicenter.works

Weils lustig ist.
Ultraman without Context
–youtube.com


fußnoten

[1] Huterl = Hut. In diesem Fall leicht alkoholisiert.
[2] Grätzl = Wiener Ausdruck für den Bereich rund um den eigenen Wohnort.
[3] Wien ist drittunfreundlichste Stadt der Welt – und trotzdem lebenswert
–kurier.at

8mar20

Bei einem Spaziergang habe ich zum ersten Mal jemanden beim Drohnentraining mit VR-Brille gesehen. Ein interessanter Anblick. Von hinten sah es so aus, als hätte die Person das Fluggerät per Gehör gesteuert. Der Weg, den wir entlangspaziert sind, hat um das Trainingsgebiet herumgeführt, weswegen ein paar Minuten später das Trainingsgerät klar erkennbar war. Die einzige, mit freiem Auge, wahrnehmbare Bewegung der Person, war die ihrer Finger – wenn man diese ignoriert hat, wirkte es als wäre der Geist in der Maschine, und der Körper ein führerloses Fahrzeug in Parkstellung.
Die unheimliche Atmosphäre der Situation ist wahrscheinlich durch die blockierte Einsicht auf die Augen der Person zu erklären. Bei anderen Konzentrationsaufwendigen Betätigungen sieht man Menschen den Fokus zumindest an.

Vaterfreuden

Kirby beginnt die Anwesenheit der Frau zu vermissen. Jedenfalls nehmen wir das an.
Oder es steht ein Entwicklungssprung auf dem Programm.
Oder die restlichen Zähne kommen.
Oder ein Wachstumsschub kündigt sich an.
Oder er hatte ganz einfach einen schlechten Tag.
Ich habe mich Vormittags für ein paar Momente alleine hinsetzen müssen, um mich zu beruhigen. Den Rest des Tages habe ich meine Frust in eine Faust gedrückt, tief durchgeatmet, und dann mit der mir zur Verfügung stehenden Sanftheit gefragt, wie es Kirby geht. Der Arme kann nichts dafür, er kann sich eben nicht anders ausdrücken.
Beim Malen hat er die Stimmung zum Ausdruck gebracht – mit viel schwarzer Farbe die er wie Wolken auf dem Papier aufgebracht hat. Mit den schwarzen Händen wirkte er, als würde er Handschuhe tragen.

Fotografie

Nachmittags habe ich mir die Yashica Electro 35[1] geschnappt, um den Film darin – Ilford hp5 400 +1 – komplett auszubelichten. Der liegt da auch schon seit drei Monaten drin und wird dadurch nicht besser.
Es ist spannend, wie analoge Fotografie mein Sehen verändert. Digitalkameras sind als Dokumentationswerkzeug großartig. Man kann viel freier damit agieren – analoge Fotografie zwingt einen in ihr Korsett, was durchaus befreiend sein kann. Als wir beim spazieren in einer Gegend angekommen sind, in der man den Architekten und Objektplanern anscheinend die Leine verlängert hat, ist mir wieder aufgefallen, „wie Licht aussehen kann“. Die Motive könnten entwickelt alle beschissen aussehen – werden sie wahrscheinlich, ich verlasse mich doch auf einen, über Adapter batteriebetriebenen Lichtmesser, der älter ist als ich, und vergesse immer darauf, dass ich die Belichtung bei der Kamera noch über die Blende und Filmempfindlichkeit beeinflussen kann –, aber das Gefühl des bewussten Sehens von Architektur und Mustern war schön. Zeitweise meinte ich, die Planung des Areals verstanden zu haben – wieso man das Gebäude so dahingestellt hat, und wie es das Auge durch die Szenerie führt. Wahnsinn was Menschen so alles bauen. Ästhetik und Sinn sind Streitthemen, sie bieten einem aber schöne Motive – nein, ich meine nicht welche zur endgültigen Beendigung eines Streits.


fußnoten

[1] Yashica Electro 35
–en.wikipedia.org