Es heißt wieder «Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?»
Im professionellen Alltag etablierte sich eine Redewendung: «Ich habe eine seltene Krankheit, ich nehme kein/keine *fügen sie ihren Begriff hier ein* wahr.»
Ich wünschte ich könnte den Großteil des Kollegiums ignorieren.
Meinem Gehirn brachte ich ein Buch mit Konzeptarbeiten zu einem Film mit, von dem ich dachte, es könnte ihr gefallen. Wir waren den Rest des Arbeitstages damit beschäftigt, Liegengebliebenes der letzten Wochen—wir kehrten Beide erst diese Woche aus dem Urlaub zurück—aufzuheben. Keine einfache Aufgabe, wenn viele der Handgriffe mit Verspätung stattfanden; und dann war alles noch Futzelarbeit. Das ist zwar mein Spezialgebiet, es frustriert mich aber, wenn ich mich in Bereiche verbiegen muss, die ich nur per Tastsinn wahrnehmen kann.
Fünf Minuten nach Arbeitsbeginn kam über Dritte eine Beschwerde aus der Leitung darüber, wieso hier nichts fertig ist. Die Armen Boten hatten mit der Sache nichts zu tun, sie sind dem Krawattenständer zur falschen Zeit über den Weg gelaufen. Ich entschuldigte mich für die Sache, und hoffte, der Krawattenständer würde vorbeikommen um mich direkt zu kritisieren. Er war damit beschäftigt, die Absturzgefahr einer mobilen Treppe auszutesten.
Mein Gehirn und ich ließen die Mittagspause ausfallen. Dafür nahmen wir uns zwei Gutstunden und ließen den Arbeitstag früher enden. «Ist die Arbeit denn erledigt?» fragte der Chef. «Wennst mir nicht traust, teil mich fürs Heisl[1]—Telefondienst—ein.» war meine Antwort. Er schwenkte auf ein anderes Thema um, aber da hörte ich nicht mehr zu und packte mein Zeug zusammen.
Die gewonnene Zeit nutze ich, um Kirby früher aus dem Kindergarten abzuholen.
Auf dem Weg retourniere ich ein Comic in einer Zweigstelle der Wiener Bibliotheken—Mawils Kinderland. Mir hat’s gefallen. Aber das dauerte auch eine Weile, weil ich es mit bestimmten Erwartungen las. Viele Menschen in meinem direkten Umfeld sprechen von der DDR, als wäre es sie ein magischer Ort gewesen, ein Utopia in dem sie gerne gelebt hätten, während die ehemaligen tatsächlichen «Utopisten» sagen «Wenn ihr nur wüsstet…» Das Comic fängt den Zeitraum vor den Mauerfall ein, konzentriert sich aber nur in den Details mit dem Zerfall der DDR, im Vordergrund steht die Entwicklung von Mirko und Thorsten. Die Lernen miteinander zu leben, und als sie es dann können, «öffnet» sich die Welt für sie.
Auf der Fahrt muss ich einen Podcast vorzeitig beenden. Ich möchte ich mich nicht absichtlich provozieren lassen.
Kirby freute sich über die Überraschung, von mir abgeholt zu werden. Er vergaß darauf, wo er seinen Helm hingelegt hatte. Der Olympionike und Kirby scheinen sich wieder gut zu verstehen, zu unserem Missmut, denn dadurch bekommt er wieder viel Scheiße vom Olympioniken erzählt.
Auf dem Weg nach Hause kam es mir vor, als wäre Kirbys Fahrrad wieder nachzustellen. Man könnte ihn wieder einmal vermessen.
Nach einem Eis feierten wir Leonardos Geburtstag noch einmal; den der Leonardo Figur von den Teenage Mutant Ninja Turtles. Bei der gestrigen Feier vergaß Kirby auf die Muffins. Ich bastelte eine Geburtstagskrone für den Anlass.
Während des Essens ging die Wohnung—im Spiel—in Flammen auf, weswegen wir in die Küche evakuieren. Zwei Kokosnussschalen voll Wasser löschten die Flammen, ein wenig putzen machte die Muffins wieder essbar.
Mit der Frau fuhren wir ein paar Strecken in Mario Kart ab, und weil wir alle Müde waren, gab es vor dem Abendessen eine Episode Dora – The Explorer.
Kirby erledigte seine Abendhygiene wieder beinahe alleine, wir schauten im wehmütig zu. Zumindest durfte ich ihm noch ein wenig vorlesen bevor es ins Bett ging. Alleine einschlafen mag er noch nicht. Ich war dann doch schneller als er. Als ich mich aus seinem Zimmer schlich, wachte Kirby auf. Ein paar Streicheleinheiten später schlief er weiter.

Die Frau «drückte» mir ein Ziehen aus dem Rücken. Das konstante über Kopf arbeiten der letzten Tage half meinem Körper dabei sich daran zu erinnern, dass dieser defekt ist.
Sie erzählte mir von einem neuen Therapiekind—natürlich ohne auf irgendwelche Details einzugehen. Ihre Fähigkeit, Abstand zu schaffen ist beeindruckend. Wenn ich einerseits dabei helfe Empathie zu erlernen, um eine Stunde später jemand dabei zu helfen sie zu «verlernen», würde ich selbst Therapie brauchen.
Beim schreiben der Tagesnotizen brauchte ich mehr Zeit als sonst. Mir fehlte der Fokus. Ein Internetbekannter rauft gerade mit dem streng gläubigen Teil seines Freundeskreis, weil er darüber scherzte, dass sein Ditko Spider-Man Omnibus ja auch eine Art heilige Schrift sei. Das erinnerte mich an meine Indoktrination in der Volksschule. Uns wurden die diversen Geschichten aus der Bibel, und was man sich sonst noch ausdachte, erzählt, wie es heute die Marvel Verfilmungen werden. Mit dem Unterschied, dass einen das Höllenfeuer erwartet, wenn man an deren Echtheit zweifelt.
Die letzten beiden Monate waren teuer. Es würde helfen, wenn ich es öfter schaffe das Loch in mir nicht mit Konsum zu stopfen.
Vor dem zu Bett gehen erreichte mich eine Nachricht meiner Schwiegermutter; sie legte mir eine Rutsche zu einem Arzt, der sich meine Verdauung gerne einmal anschauen würde. Ich nahm das Angebot an, mehr als dass er sich auch nicht mehr meldet, kann nicht passieren.
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[1] … Heisl = Toilette; wir nennen Telefondienste so, weil man ein Klo in der Nähe hat