wenn alle stinken

Ein einmonatiger Arbeitsmarathon nähert sich seinem Ende. Freie Tage? Mehr als vier Stunden Schlaf? Wertschätzung? Vielleicht in einem anderem Universum—die Ausrede ist gerade dabei aus der Mode zu fallen.
Ich fühle mich jedenfalls weniger gut als üblich. Nicht nur wurde mein Zeitgefühl unverlässlich, es gab auch einen viertägigen Zeitraum in dem ich Körperhygiene und Stoffwechsel ausfallen ließ, weil ich nur zum schlafen nach Hause kam, und wir alle in der Werkstatt stanken.
Im Zuge einer Veranstaltung wurden Beduftungsgeräte aufgestellt, deren «Tannenwald» Aroma von einem Reporter mit «Riacht wia Schädlwäh»—«Riecht wie Kopfschmerzen.»—treffend beschrieben wurde.

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Nach den Strapazen der letzten Monate entschied die Frau, dass wir mit Kirby ins Kino gehen um Paw Patrol: The mighty movie zu schauen.
Wir hatten ihn bisher von den Fellfreunden ferngehalten, bis auf die Figur die er von einem Arzt nach einer Blutabnahme bekam; zwei nicht-Pixie Bücher; und einer Blind Bag Figur die er von mir bekam weil … ich kann mich nicht mehr an die Ausrede erinnern. Dann hörte ich aber von einem Filmkritiker dessen Meinung ich schätze, dass man seinem Kind im Kino Besseres, aber auch viel Schlimmeres antun kann als den Paw Patrol Film. Das gab ich der Frau so weiter, und einen Tag später verstand sie meine Anspielung, und schlug den Kinobesuch vor. Wir können die Populärkultur nicht ewig aus Kirbys Leben heraushalten, vor allem wenn in der Bibliothek des Kindergartens bereits Bücher z.B. über Minecraft stehen. Aber wir können ihn darauf vorbereiten—und in dem Aufwischer auch gleich darüber aufklären: Nur der Olympionike bekommt pro ausgefallenem Zahn zehn Euro von der Zahnfee; welche ohnehin nicht zu uns kommt.
Es war ein Krampf den Kinobesuch nicht zu erwähnen, musste mir ein paar Mal selbst auf die Füße steigen.
Kirby verhielt sich überraschend «unkinderhaft» während der Vorstellung. Selbst seine Beschwerde über den Dora Kurzfilm davor war ein «Ich mag Dora, aber kann die Paw Patrol endlich kommen?» Ansonsten wies er Skye an, nicht alleine zu dem Meteoriten zu gehen, und kommentierte den später auf die Erde stürzenden Meteorit mit «Das ist jetzt nicht gut.»
Durch die süße Jause im Kindergarten; die Erdäpfel die es zum Mittagessen gab; und das Popcorn im Kino nahmen wir an, dass Kirby Abends Zeit brauchen würde, um die notwendige Bettschwere für eine erholsame Nachruhe zu erreichen. Dann legte er sich hin, drehte sich um, und schlief ruhig durch die Nacht.

Der Film war tatsächlich nicht so schlimm wie man annimmt; besonders zwei aufeinanderfolgende Szenen waren besonders unterhaltsam. Zuerst wurden wir Eltern/Begleitpersonen direkt darauf angesprochen, dass sie wohl neues Merchandise kaufen dürfen wenn sie den Saal verlassen; was gleich darauf mit einem Witz über die Gefängnistoilette zerstreut wurde.
Bei den Vorschauen war ein Film dabei, der wohl zur aktiven Verblödung der aufwachsenden Gesellschaft beitragen könnte: Zwei Kinder verlaufen sich bei dem Versuch die Existenz von Außerirdischen zu beweisen in eine Rakete, und werden ins Weltall geschossen. Und das ärgert mich, weil die Geschichte absolut großartig klingt, aber wenn man sieht was man daraus macht, natürlich sind in der Rakete Anzüge in Kindergröße, natürlich überleben die Kinder den Start einer Rakete ohne Sicherung. Außerdem stehe ich heute Geschichten kritischer gegenüber, deren Protagonisten so lange herumstrudeln, bis sich ihr Glaube als Wahrheit herausstellt. Wahrscheinlich weil ich nun weiß, wie unkritisch Serien wie Akte X in den 90ern konsumiert wurden.

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Nach Mario Kart spielt Kirby nun Super Mario Wonder mit uns. Ich bin enttäuscht davon, dass es wohl inzwischen als Usus gilt zu wissen, wie man die Super Mario Spiele spielt. Andererseits, ich hatte beim ersten Super Mario Bros. auch keine Anleitung bzw. gar keinen Kontext.
Es ist großartig, was Nintendo da wieder geschaffen hat. Man denkt noch, wie das alles am Ende zusammenpassen kann, aber es passt einfach.
Ich kann nicht sagen, ob es dabei einen tatsächlichen Zusammenhang gab, aber seit wir Super Mario Wonder spielen, scheint er motorisch «geduldiger». Beim zeichnen kommt es mir so vor, als würde er klawunzige Details kreieren, die er sonst nur «andeutete»; und er legt detailreichere bzw. kompliziertere Aquabead Bilder—das sind Perlen, die man auf einer Matrize auflegt, und wenn man fertig ist mit Wasser benetzt; eine Stunde später kann man dann das Bild bzw. die Figur abziehen.

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Momentan ist Das NeinHorn sehr beliebt in unserem Haushalt. Ich finde das auch gut, weil es die Kinder auf Augenhöhe anspricht. Besonders die am Ende des Buches und Hörspiel genannten veränderten Tiernamen gefallen Kirby, und was uns dabei beeindruckt ist, dass er den Humor beim Großteil der Namen versteht. Da seufzt man erleichtert.

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Ein Kollege löste seine Audioausrüstung auf, und ich kaufte sein Geofon ab. Bevor der oben erwähnte Arbeitsmarathon begann, begann ich wieder damit, Töne und Atmosphären aufzunehmen. Manchmal hilft das ein wenig beim einschlafen.
Bei der Gelegenheit empfehle ich den Soundtrack des Films Enys Men.

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Ich entschied, mit meinem Optiker abzuklären, ob meine neue Brille nicht die Werte meiner alten bräuchte. Im Fernbereich «laufen» mir die Buchstaben beim lesen davon. Setzte ich die alte Brille auf, ist im Fernbereich alles scharf, nur fehlt mir der Gleitschliff für die Nähe.

Man möchte sich meinen Darm genauer anschauen. Aber ich bin mir unsicher, ob ich das will. Stuhlgang ist etwas, dass für mich ohnehin mit Angst und Scham verbunden ist, und ich habe schon zwei endoskopische Ausflüge hinter mir, und die Vorbereitung ist salopp gesagt, ein Scheiß. Das ganze würde in einem Spital stattfinden, und da muss man wieder den Leuten erklären, warum man nicht bzw. nur bestimmte Lebensmittel isst, und dann kommt wieder der hauseigene Psychologe und und und…
Ja, ich habe eine Familie und sollte mich um meine Gesundheit bemühen, aber der Gedanke gestorben zu sein füllt mich mit Ruhe, und keine Untersuchung führte mich in letzter Zeit in irgendeine Richtung. Wenn der Gastroentologe schon beim Ultraschall sagt «Schaut alles gut aus.» erwarte ich mir vom zweiten Blick nichts weltbewegendes. Dem Kollegen der ein halbes Jahr schmerfrei sichtbar Blut im Urin hatte sagte man—zusammengefasst—«Keine Ahnung warum, aber solange es ohne Schmerzen passiert passt es schon.»