#8jan20

Ich muss vor den folgenden Zeilen warnen: ich bin im Moment aufgewühlt, und kann den Menschenfeind nur schwer an der Leine halten. Außerdem bin ich im Artikulieren meines Frustes nicht begabt.

Die neue lokale Regierung ist gerade einmal einen Tag im Amt, aber es kommt einem vor als hätte sich nichts verändert.
Stimmt nicht ganz; ich bilde mir ein verstanden zu haben, wie Menschen wie unser Bundeskanzler es mit der Legitimation des Souveräns ins Amt geschafft haben. Ich erkläre es am Beispiel eines Gespräches zweier Kollegen:
Zum Auftakt hat sich der Chef beim Kollegen über Baustoffverarbeitung erkundigt; dem ist natürlich gleich eine Versicherung der gegenseitigen Wertschätzung gefolgt, indem man sich über die mangelnden handwerklichen Fähigkeiten von medizinischen Technikern lustig gemacht hat. Von dort aus hat das Gespräch eine kulinarische Wendung genommen; man hat Top Trumpf mit den gehobenen gastronomischen Niederlassungen gespielt, welche man frequentiert hat. Lustiges Detail: Beide sind dort inzwischen nicht mehr gerne gesehen. Nicht wegen deren Verhaltens, sondern weil andere Gäste mehr Geld liegen lassen.
Das Dilemma des Angestellten im „unteren“ Managment ist, dass er meint, einen Teil des Unternehmens zu besitzen. Dazu kommt das durch die Familie vererbte Privileg: Kleingarten und/oder ein wenig politischer Einfluss der einem mehr Türen geöffnet hat als Anderen. In der eigenen Verblendung vergisst man schnell: Ich liege in einem Bett, welches jemand anderer gemacht hat. Und dann kommt der Moment, in dem diese Menschen realisieren: am Ende deren Stockes hängt keine Karotte; sie laufen derselben nach, wie die Leute die sie im Organigram überragen. Und all die lachsfarbenen Hemden und Pollunder dieser Welt können den Geruch nach körperlicher Arbeit plötzlich nicht mehr überspielen. Nicht einmal an der Bar ist man mehr gern gesehen.
Und genau hier setzt der kindliche Kaiser an; selbst Studienabbrecher, stellt er die Gallionsfigur für die Generation Erbschaft–egal welcher Gesellschaftsschicht–dar. „Wir haben uns das alles selbst erarbeitet; wir lassen uns von den Nichtstuern nichts nehmen.“ ist die Nachricht. Und nebenbei demontiert er den kompletten politischen Apparat, solange bis es nurmehr eine Wahl gibt und/oder die anderen Farben der einzige Unterschied in der politischen Landschaft sind.

#7jan20

Zurück im professionellen Alltag–nach einer erstrittenen Auszeit–, reicht es mir bereits nach ein paar Minuten. Nicht wegen der Tätigkeit, es sind die Menschen, welche dem Platz die zehrende Atmosphäre verleihen.
Aber: Das Geld kommt pünktlich und die Familie hat Hunger.
Andere haben nur Hunger.

#5jan20

Ich versuche einmal einen Doctor Manhattan[1] Monolog zu verfassen:

Es ist 1988; ich sitze in der Badewanne und zittere ein wenig—ich habe Angst davor beim Haare waschen Wasser ins Gesicht zu bekommen.

Es ist 1997; ich liege mit meiner Freundin in der Badewanne. Das Wasser ist angenehm heiß, aber ich weiß schon: Wenn ich aus der Wanne steige, wird mein Kreislauf in der Wanne bleiben. Im Fallen werde ich mir den Kopf an der Kloschüssel anschlagen und kurz zucken.

Es ist 2020; ich sitze mit meinem Kind in der Badewanne und zittere ein wenig. Weil meine Fettschicht nicht mehr vorhanden ist , und weil das Wasser dem Kind bereits ein wenig zu hoch steht.


[1] Doctor Manhattan |wikipedia.org

#4jan20

Beim hören der aktuellen Episode des Wait, What?[1] Podcasts ist Lucy Knisley’s neuestes Comic erwähnt worden; und als erstes dachte ich mir dazu: Wieso hat Sie mir nicht bescheid gesagt?
Und dabei ist mir klar geworden: ich habe vor 12 Jahren kurz mit Ihr über Adresslängen gefachsimpelt. Durch Ihre autobiographischen Comics hatte ich bisher den Eindruck Sie besser zu kennen.
Und jetzt rege ich mich darüber auf Reddit auf.

Aber da es in dem Comic um Kinder geht: Ich scheiße mich vor Angst an, wenn ich daran denke dass der Kindergarten bald Teil unseres Lebens sein wird.


[1] Wait, What? ep.285 – Best of End of |waitwhatpodcast.com