Narben

Im Wartezimmer des Hausarztes saßen vier Patienten, deren Gegenwart mir bereits seit ein paar Wartezeiten auf die Nerven ging—dieses Mal so, dass ich darüber schreiben muss. Die Gruppe beglückwünschte sich auch diesmal gegenseitig zu deren Fleiss; Rechtschaffenheit; Weisheit; und Menschlichkeit. «Die Jungen, was bilden die sich eigentlich ein? Wollen nix hackln[1] und wollen nur verdienen; und sie müssen deswegen 70 Stunden in der Woche ruachln[2]. Dem Arbeitslosen gegenüber, dem bleiben 400€ über! Wie geht das?» Um ein paar Sätze frei zu zitieren.
Ich hatte mein Smartgerät vergessen und konnte mich nicht mit lesen ablenken…
Ich verstehe nicht: wenn die Leute solche Barabara[3] sind, an denen die Nobelpreise ungerechtfertigt vorbeigetragen wurden, wieso sind sie ohnehin Mittellosen 400€ neidig? Heutzutage springt man damit nicht mehr weit. Ich wünschte ich könnte in der Vita dieser Leute rühren, denn ich denke deren Äusserungen waren nicht zur Gänze ihre Eigenen—basierend auf den Erfahrungen mit vielen Aussagen und Gedanken für die ich mich dieser Tage oft korrigiere. Sicher rennt einiges schief und benötigt Korrektur, aber inzwischen verstehe ich, dass auch einiges in uns schief rennt und Korrektur braucht, besonders die diversen Wunden die uns bewusst oder unbewusst vererbt wurden.
Und jetzt bin ich deprimiert, weil ich wieder etwas fand, dass ich Kirby nicht ersparen kann.

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Sequart veröffentlichte einen Essay Band über Moon Knight.
Müsste bei deren diversen Titeln einmal aufholen. Habe die meisten begonnen, aber las bisher nur die Bücher in denen es um Grant Morisson ging auch zu Ende.

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Musik: Der Soundtrack der NES Version von Burai Fighter[4]

[1] … hackln/hackeln = Arbeiten; wird meist im Zusammenhang mit körperlicher Arbeit benutzt.


[2] … ruachln = Schwer arbeiten um finanziellen/materiellen Erfolg zu erreichen bzw. Lebenswandel zu erhalten.


[3] … Barabara = Von barabern; körperlich Arbeiten, Schwerarbeiter.


[4] … Weil Paul Kautz es in seinem Podcast,Game not over, besprach. Das Modul kugelt noch irgendwo herum, bräuchte ein NES zum nachholen—auf zum Emulator, mein Bruder hat es sicher in seiner ROM Sammlung.

im Zweifel Nein

Heuer probierten wir etwas aus: wir nahmen Kirby mit zum kauf seines Adventskalenders. Dazu muss ich anmerken, dass wir bewusst ist, dass wir schon mit der Anschaffung einen Fehler begingen; auf der einen Seite will man dem Kind vermitteln, Besitz sei nicht das wichtigste im Leben—was ebenfalls eine Lüge ist, mit der man die Besitzlosen zum Schinden ihrer Selbst motiviert—, aber in solchen Situation weicht man den Stolpersteinen aus der eigenen Biografie nicht aus.
Kirby fragte einmal nach wann denn nun der erste Dezember sei, und es schien als hätte er die Antwort samt Wartezeit akzeptiert.
In einem ruhigen Moment schnappten sich er und sein Besuch eine Schere, und zerlegten den Adventskalender, um an die Figuren darin zu kommen.

Nach den «Diebstählen» der letzte Woche riss uns nun endgültig der gewaltfreie Erziehungsfaden: jetzt ist für eine Woche die Bildschirmzeit abgeschafft, und jede weitere Aktion in der Richtung führt zur Umbuchung des Taschengeldes auf das Konto des Kindergartens. Kirby sieht sich in seinen Erzählungen schon als Polizist, der Tunichtgute dingfest macht; aber mit der Internen hat er nicht gerechnet.

Mir kommt es vor, als wäre wieder jemand im Kindergarten unterwegs, der versucht den Kindern die Rechte als dominante Hand anzuerziehen. Habe da ein anderes Kind im Verdacht, wird aber ein schwindliger Erwachsener sein. Die wirken nur alle nach außen hin sozial verträglich.

Falls Ihr keine Kinder habt und mit der Entscheidung hadert: im Zweifel Nein. Man tut sich keinen Gefallen.

Und bevor ich es vergesse: Ich würde gerne die Zungen derer, die vollen ernstes «Kleine Kinder, kleine Sorgen» äussern mit Kot einreiben um zu vermitteln, was für Scheiße ihnen aus dem Mund fällt.

Tschickdiät

Nicht nur werde ich vergesslich—oder wurde noch vergesslicher, als ich ohnehin bereits war—, ich werde auch Unaufmerksamer. Der Liebhaberkollege hat sich einen Magneten aufs Smartphone geklebt und genießt nun die Vorzüge der leichten Montage an beinah allen Flächen am Arbeitsplatz. «Deines kann das doch auch.» sagte er, nachdem ich laut darüber nachgedacht habe, wie ich meinen Schlafplatz mit der Kraft des Magnetismus neu arrangieren würde. «Was? Neeein.» antwortete ich; «Aber du hast der Frau ihr Smartphone abgekauft, dass hat den Magneten schon eingebaut.» Es stellte sich heraus: der Liebhaberkollege hatte Recht. Das Telefon hängt nun am Regal gegenüber meiner Schlafstelle, wo es—wenn notwendig—lädt, und auch der Adapter auf Klinkenstecker angebracht ist, falls ich zum einschlafen noch etwas höre.

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Momentan ist es notwendig für mich, im Bett noch etwas zu hören. Während der Kurzarbeit, trainierte ich mir dies ab, aber seit meine Beschwerden schlimmer wurden, ist es etwas, mit dem ich mich ablenken kann. Dazu holte ich mir die Tonspur von Filmen, dass ist momentan besser als weißes Rauschen. Ich müsste es aber noch einmal probieren; an den Dialogen aus den Filmen kann ich feststellen, wie lange ich ungefähr wach war.
Und weil wir bei Ambient sind: Doctor Strange: Live from theSanctum Sanctorum—zehn Stunden Feldaufnahmen aus der fiktiven Bleecker Street.

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Ich informierte meinen Chef über den eventuell anstehenden Aufenthalt im Spital. Der war empört darüber, dass ich eine Behandlung ablehnen könnte; sprach von Lösungen die man finden kann und das es weitergehen muss. Ich machte ihn darauf aufmerksam, dass es ihn nicht interessierte, dass ich mich seit neun Jahren zu Tode hungere, und niemand in der Zeit auch nur in einem Nebensatz fragte, wie es mir ginge, und damit sein Pochen auf Lösungen als Plattitüde verstehe.

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Kirby ließ zum zweiten Mal etwas aus dem Kindergarten mitgehen. Aber er vertraut genug, um es uns anzuvertrauen. Dachte mein Gespräch über die Definition von Diebstahl hätte ausgereicht, aber die Ursache liegt wohl tiefer als Nervenkitzel.

Beim Schlagzeugunterricht begeisterte er mich mit seinem Konzentrationsvermögen; er war fokussiert wie ein Laser. Die Lehrerin sah das ebenso, sagte aber er solle noch ein paar Monate mit der Entscheidung warten, weil er trotz seines Rhythmusgefühls Schwierigkeiten damit hat, sich nebenbei aufs zählen zu konzentrieren.

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Aufgrund eines Interviews mit Matt Fraction bei Wordballon [Audio 1; 2|Video], schaute mich durch die ersten drei Episoden von Monarch – Legacy of Monsters; eine Serie die in den Godzilla Filme des US-amerikanischen Filmstudios Legendary stattfindet. Deren Kaiju Eigas konnten mich bisher nicht begeistern—besonders am aussehen deren Godzillas scheitert jeder Versuch einen der Filme zu schauen—, aber wenn Matt Fraction ein Co-Showrunner ist und Kurt Russel mitspielt, bin ich dabei.
Und musste feststellen: ohne die Herren Russel wäre es beinahe unschaubar. Wyatt Russel spielt die junge Version seines Vaters, und das ist ein Geniestreich weil sich deren Schauspiel gut ergänzt und der Kurt noch jede Scheibe Brot mit seinem Charme butterte. Ansonsten ist es … genau was man erwartet: Klischees in neuen Kleidern. Ja, die Realität der Serie ist schön, mit den Bunkern und Notfallprotokollen, aber im Gegenwartsteil der Handlung haben haben sie entweder die fadesten Schauspieler besetzt die sie bekamen, oder es war eine bewusste Entscheidung sie eher … gesetzt schauspielern zu lassen.
Ich vertraue einmal das Fraction sich dessen bewusst ist. Und wenn nicht, dann habe ich wieder einmal ein Interview mit ihm gehört. Ich weiß nicht wieso, aber ich höre ihm gerne zu, und bin nur minimal Böse, dass Casanova wohl nie fertiggestellt wird.

Positiv überrascht waren die Frau und ich vom ersten Doctor Who Special das wir zufällig auf Disney+ fanden. Wie das Children in need Segment, fühlte es sich an, als wäre die letzten zehn Jahre nicht passiert; Tennant hatte wieder eine fehlgeschlagene Regeneration, Davies frisst ein paar Nächte nur Zigaretten und wir werden gut unterhalten. Was mich allerdings störte, ist die Beleuchtung bzw. das die Serie viel zu Modern aussieht. Das eine Nebenwirkung kontemporärer Produktionsprozesse, aber hätte man nicht sagen können «Hey, das muss billiger aussehen.» Wird es wahrscheinlich mit den regulären Episoden. Ich hatte lange keine so große Freude mit Doctor Who.

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Musik: Macho Man – Village People

weils wurscht ist

Den gemeinen Österreicher scheint nichts mehr zu interessieren; was nach dem Erfolg gegen Deutschland im Fußball angenehm war, aber bei politischen Dingen fehl am Platz. Ob ein Ibiza ähnliches Video heute noch ähnliche Wellen schlagen würde wie 2019 bezweifle ich.
Stimmt nicht, jetzt wo es hip ist, sind Kinder im Krieg bei bestimmten Personen in meinem professionellen Alltag plötzlich Thema. Und was war die Jahre davor? Keine Kriege oder Flüchtlingsbewegungen in denen Kinder unsägliches Leid angetan wurde? Anhand der politischen Ausrichtung der plötzlich Betroffenen gehe ich davon aus, der antisemitische Geruch führte sie zu dem Trog, an dem sie sich momentan füllen. Vorher erklärten sie einem, wie super es in Russland ist; aber zum Auswandern seien sie zu alt.
Schade.

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Vor dem einschlafen fragte Kirby nach, wie Menschen Wale töten, und wie man die Leichen an Bord eines Schiffes bringt. Ich erklärte ihm den Vorgang des Harpunierens, und wir unterhielten uns noch darüber, wie verklärte Tradition, Dummheit, Wut, Hilflosigkeit, Gier und Angst die Menschen heute noch zum Walfang und ähnlichem treiben.

Als ich ihn vom Kindergarten abholte, versuchte er eine der Figuren aus einem Spiel mitgehen zu lassen. Er zeigte sie mir, und meinte sie sei in seine Tasche gefallen. Der Hinweiß auf die Definition von Diebstahl ließ ihn sein Vorhaben überdenken.
Auf dem Weg nach Hause sprangen wir synchron als Aufwärmübung für das «Moshpit» zu Heavysaurus zu Hause.

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Bei einer Arbeit traten viele kleine Fehler auf, die sich aus Flüchtigkeitsfehlern von mir entsponnen. Das fällt mir in den letzten Wochen auf, dass ich Routine «nicht mehr kann», weil zu viel im Hinterkopf läuft.
Die Entscheidung, ob ich mich ins Krankenhaus lege steht noch aus. Ich will dort nicht alleine bzw. in einem Gruppenzimmer mit anderen eingesperrt sein; besonders wenn ich für die Koloskopie vorbereitet werde. Auch wenn ich die Untersuchung machen lasse, wird sie mein Leben nicht verbessern. Wenn beim Ultraschall schon alles in Ordnung war und der Blutbefund ebenfalls, un kein Arzt nachfragt wieso ich derart untergewichtig bin, kann es keine Probleme geben.

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Marc Marons Gespräch mit Taika Waititi war «gut hörbar»; dafür standen die Chancen bei den Beiden auch hoch. Bin gespannt auf Next Goal Wins, auch wenn man in meiner Ecke der Welt nur wenig positive Worte darüber findet; ansonsten kann ich das Oeuvre von Herrn Waititi uneingeschränkt empfehlen.

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Ultraman Blazars aktuelle Episode—18— hat großartige Kostüm- und Puppenarbeit. Ich wünschte man könnte etwas ähnliches Lokal produzieren. Könnte, man mit genügend Fleisch Fleiss und Zeit…

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Weil ich ihn in der Bibliothek fand, begann ich den ersten Band des Mila Superstar Mangas zu lesen. Letztes Jahr bekam ich die Anime Serie im Original—Attack no.1— mit englischen Untertiteln auf DVD, vergas diese allerdings im Regal. Wahrscheinlich weil die Frau nicht im Original mit mir schauen möchte, weil ihr die Stimmen zu schrill sind.
Im Manga wirken die Figuren noch überzeichneter als im Anime, weil die Handlung einen kürzeren Zeitraum einnimmt. Dazu noch die irren Lichtreflexionen in den Augen der Figuren, die sie … unmenschlich wirken lassen.

aus Mila Superstar Luxury Edition vol.1

Stuhlaufbewahrung

Es gibt großartige Aufbewahrungssysteme für Schlüssel; keine hat eine Erinnerungsfunktion, dass man sie auch mitnimmt…

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Bei einem Aufbau fragte mich jemand von der Catering Crew, ob ich mir eines der Geräte ansehen und gegebenenfalls reparieren könnte; wenn ich ihm das notwendige Werkzeug leihe, hätte er daran gebastelt. Da die Crew spät dran war, und das Unterstützungspersonal dessen Alter entsprechend erfahren war—Satz des Tages «Where can i get an Artie.»—, bot ich ihm an die Reparatur zu übernehmen—deren eventuelle Folgen der Versicherer meines Arbeitgebers nicht abdeckt. Stellte sich heraus: das Anschlusskabel war abgewetzt und die Kupferlitzen der Einzelleiter berührten einander. Während ich schraubte unterhielten wir uns über Sprachbarrieren. Er unterhielt z.B. zwei Jahre eine Beziehung zu einer portugiesisch sprechenden Frau mit der Verwendung von Übersetzungssoftware. Es endete, weil er als Brite mit seinem Humor für mehr Irritationen als Harmonie sorgte.
Kann sein, dass er mich mit kaltem Tee anschüttete, ich glaube es fürs erste.
Eine Industrierührmaschiene ist um einiges schwerer als ich dachte, und ich dachte sie mir schon schwer.

Traf auf dem Weg den Bekannten der vor einer Woche Frau und Kind verließ, um ein paar Stunden später wieder auf der Türmatte zu stehen weil er ja etwas mit seinem Kind ausgemacht hatte. Der redete derart viel Blödsinn, dass ich ihm hätte sagen sollen «Du hast Stuhl im Mundwinkel.» Ich hielt unsere gemeinsame Zeit kurz—Gruß und Dank an die Wiener Linien—, und fragte die Frau ob ich ihn auf seine Scheiß Art hätte ansprechen sollen—offiziell weiß ich von nichts. Sie sagte, seine Schwiegerleute würde ihm im Lauf der Woche den Kopf waschen.