5 – Man sagt hier «Halt einmal den Kopf schief, damit das Hirn zusammenläuft.»
:: journal ::
ein botschertes Leben und Popkultur
5 – Man sagt hier «Halt einmal den Kopf schief, damit das Hirn zusammenläuft.»
:: journal ::
Übers Wochenende belichtete ich wieder eine Rolle Film aus. Beim entwickeln kam es mir vor, als hätte ich einen Rhythmus gefunden.
Den Film brachte ich zum Labor meines Vertrauens um die Negative scannen zu lassen. Dabei holte ich die letzten Negative wieder ab, und bin dabei überrascht worden. Obwohl ich „nur ein kleiner Kunde“ bin – beim letzten Film wohnte ich der Rechnungsstellung eines Profis bei, 15.000,— – erkennt man mich schon wenn ich auf der Straße daherkomme und bereitete alles vor. Ich durfte mir sogar selbst die Bezahlung mit Plastik einrichten.
Ich bin neugierig auf die neuen Scans. Dieses Mal habe ich mich dabei ausgelassen, die Dehnbarkeit des Belichtungsdreiecks1 herauszufinden. Film hat eine größere Latitüde als digitale Dateien, kommt mir vor. Aber „schlecht“ Belichtet – ausserhalb der Toleranz – lässt sich nicht retten.
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Kirby holte sich beim Besuch im Spielzeughandel einige Artikel aus den Regalen, die Overtüre für ein Schreikonzert, nahm ich an. Zu unserer Überraschung, stellte er Alles wieder an seinen Platz nachdem wir Ihn dazu aufforderten.
Dazu musste ich mich durchringen. Andererseits, in dieser Situation wäre ich sowohl das am Boden strampelnde, trotzige Kind und sein Erwachsener gewesen – und die Leute wirkten mir unangenehm interessiert an meiner Begeisterung für die Siege Transfomer Figuren mit den Farbdekos der Netflix Serie…
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Schwiegermutter hat sich eine Dunkelkammer eingerichtet…jetzt raufen wir um einen Termin an dem wir kichernd Fotopapier belichten können.
Dem Ex-Schwiegervater kauften wir einen digitalen Bilderrahmen ab – und Kirby ist begeistert. Seine Fotowand ist inzwischen voll, so kann er sich durch das Archiv arbeiten.
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1– dofoto.de
Eine unbekannte Nummer schreibt uns an „Der Schwiegervater schickt Euch einen Dank, habe ihn vor der Tür abgestellt.“
Eine weitere Nachricht stellt klar, es handelt sich um ein Dankeschön von einem der Nachbarn für die wir einkaufen – eine Henkersmahlzeit für Allergiker: Wein und Schokolade[1].
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Die Frau tätigt eine Überweißung per Foto. Habe mich daraufhin darüber schlau gemacht, wie das funktioniert. Siehe da: Es steckt keine KI dahinter, sondern nur I. Mit dem Benutzen des Service stimmt man zu, dass die Übermittelten Daten von einem datenverarbeitendnen Unternehmen weiterverwendet werden. Also wird jemand der hoffentlich mehr als ein halbes Butterbrot am Tag verdient die Daten für mich in die Maske meiner Bank eintragen und zur Erledigung weitersenden.
Meine Eltern verschicken Ostergrüße per Link zu einer Adresse, die mir Dubios erscheint. Wie ich vermutet habe, Schadsoftware. Letzte Woche hat mein Vater noch über den Striptease auf social media gelästert…
Kein Wunder, warum die Digitalisierung nicht vorranschreitet. Auf der einen Seite setzen Firmen nur weitere Menschen vor weitere Maschinen, auf der anderen Seite braucht jeder einen digitalen Sachwalter. Und in der Mitte sitzen die ganzen Experten die von beiden Seiten – gefühlt – wenig Ahnung haben.
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Kirby hat sich beim einschlafen schwer getan.
Oder er hat sich gegen den Schlaf gewehrt.
Nach 40 Minuten war ich mir da nicht mehr so sicher. Ich habe den Eindruck, das die Frau meine Erziehung zu weich findet – Sie spricht Ihn streng an und er legt sich zum schlafen hin. Wenn ich Ihn streng anspreche tut sich nichts. Also habe ich gegen den Lattenrost des oberen Betts – es ist ein Stockbett – getreten.
Eine Minute später hat Kirby geschlafen.
Nehmt mir das Kind weg…
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Derzeit erscheint es mir so, als wolle man mich ärgern wo es geht.
Zu Hause finde ich keine Ruhe.
Und ich bin so wütend, weil es sich so abspielt, wie ich es befürchtet habe.
Ich hatte die Chance, mich zu trennen, und habe sie nicht genutzt.
In der Chatgruppe der Mitstreiter des professionellen Alltags werden inzwischen Witzvideos usw. verteilt. Es ist frustrierend, das meine Kollegen nicht einmal in diesen Zeiten professionell agieren – außerdem will ich meine Ruhe von denen haben, wenn ich nicht am Arbeitsplatz bin und es nicht um Leben und Tod geht.
Wie oben erwähnt: meine Eltern verbreiten Schadsoftware, und argumentieren mit: Woher soll ich denn wissen, dass das schlecht ist? Wenn einem auf der Straße ein Wildfremder Osterkarten für die installation einer Kamera in der eigenen Wohnung anbietet lehnt man das Angebot dich auch ab. Oder?
Lange dauert es nicht mehr bis zum Geburtstag meines Schwagers, und ich weiß nicht, welche Art von Hilfe die Schwiegermutter von mir braucht.
Alles, was man mir rät ist: Kopf hoch, es wird schon werden.
[1] ich trinke keinen Alkohol und esse keine Milchschokolade mehr – die Frau mag allerdings ab und an Milchschokolade.