177 :: am Rand entlang

Ich bin froh darüber, kommende Woche meine Kurzarbeit wieder alleine verrichten zu können. Es wäre schön, den Selbstwert eines pensionierten Kollegen zu haben; der sagte einst „Oida, glaubst i homa des Biachl mitbrocht, weu i haß auf dein Scheißdreck bin?“1

Eine der auszubildenden Personen fand die Instagram Präsenz des Poriters eines unserer Häuser, und erzählte mir von der Gefälligkeit seiner Fotos. Das traf mich. Ja, die Fotos sind gut—müssen sie auch sein, weil er sich auf seinen Reisen meist per Einzelführung durch eine Gegend leiten lässt. Und da spricht nun die Eifersucht aus mir: wieso tue ich mir noch an, Kreativ sein zu wollen? Ich hole mir einen Reiseführer, der die Postartenmotive im Kopf hat, und danke…wenn einem nicht einmal gesagt wird, dass man Scheiße baut, hat man wohl einfach versagt.

Es gibt übrigens einen „Sous Vide Kocher“ für die Filmentwicklung2.

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Mit Kirby spazierten wir am Rand eines Gewitters entlang. Es war tatsächlich, als hätte jemand eine Linie durch den Himmel gezogen. Zehn Meter weiter waren die Leute waschelnass, während wir vom Sprühregen gekühlt wurden.
Die Wildschweine in der Gegend machten es uns nach. Kirby wollte sie unbedingt berühren, zum Glück hört er noch auf ein Nein. Die Tiere spazierten einen Teil des Weges neben uns her, als hätten sie entschieden, bei uns nächtigen zu wollen.

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Der dritte Abend/Nacht in Folge, in der in unserer Nachbarschaft Kurden demonstrierten und Graue Wölfe und andere Hirnverbrannte reingrätschten. Und es scheint, als wäre es der Lokalpolitik egal, denn Verurteilungen sind die lokale Version von Thoughts and Prayers.

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Ich wünschte in meiner Kindheit hätte ähnliches im Buchhandel gestanden.

Stattdessen drehte man uns einen Brezina nach dem anderen an. Ich habe da einmal nachgegeben weil die Erzählung einem Ritter auf einem Motorrad zum Thema hatte. Fader hätte man die Idee nicht umsetzen können.
Wahrscheinlich sind die Knickerbocker heute noch pädagogisch wertvoller als dieses Buch, aber dass kann man nachreichen.

1– Alter, glaubst du, ich habe mir ein Buch mitgebracht um deinen Ausführungen lauschen zu dürfen?
2– CINESTILL CS „Temperature Control System“ TCS – 1000 | fotoimpex.de

177-2019 | 177-2018

157 :: ohne Aufforderung

Am Vormittag packten wir uns zusammen, und sind zu meinen Eltern aufgebrochen. Den Rest des Tages verbachten wir dort.

Den Ortswechsel nutzten wir, und schickten Kirby testweise mit seinen Großeltern in die Mittagspause.
Und es funktionierte. Problemlos.
Besonders mein Vater war stolz darauf. Mit glänzenden Augen hat er davon erzählt, wie nett das Kind ist; wie er sich im Bett umschaute, sich einen Platz suchte, und sich zum Schlaf hinlegte. Überpünktlich wachte er nach 80 Minuten auch ohne Aufforderung auf.

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Brüderlein fein nahm zusammen mit einer Nicht an der lokalen Black Lives Matter Demonstration teil.
Die positive Stimmung kippte für Ihn, als er eine Afroaustrianerin darum bat, für eine Mutter samt Kind Platz zu machen—das Kind musste austreten.
Sein lauter Ton und Erscheinung ließ die Frau denken, ein Gegendemonstrant stünde Ihr gegenüber, und führte zur Beschimpfung meines Bruders. Als Ihm der Kragen zu eng wurde, ist die Nichte dazugekommen, um nach Geld für ein Getränkt zu fragen. Entschuldigung hörte er keine. Die Nichte brachte Ihm dafür ein Getränk mit.

157-2019 | 157-2018

155 :: Mantra

ich habe den Tag alleine verbracht.
Es ist nicht unangenehm gewesen—ganz im Gegenteil—aber als ich die Mittagspause gehalten habe, hat mir Kirbys Atemgeräusch1 gefehlt.

50.000 Teilnehmer bei der lokalen Black Lives Matter Demonstration? Korregiert die Polizei die Zahlen nicht immer dramatisch nach unten? Braucht die Polizei Hilfe?
Naja, im Kleinwalsertal hat man die Leute auch in Ruhe gelassen.
Asooo, die haben das mit dem Aufmarsch der ÖVP Senioren verwechselt, alles klar.

Aber „Spaß“ beiseite: ich finde es großartig, dass so viele Leute dafür auf die Straße gegangen sind—auch wenn der Zeitpunkt nicht ideal ist. Die kritischen Äusserungen dazu machen mir Sorgen. Rassimus und Diskriminierung sind lokal auch ein Problem. Und BLM bedeutet nicht, dass Schwarze nun ihre Knie auf den Kehlen von Weißen rasten lassen möchten, sondern ein erster Schritt auf dem Weg zu tatsächlicher Gleichheit.
Wie gesagt: meine Nichten sind—im Alter von acht und sechs Jahren—als „faul“ und „Schlampen“ bezeichnet worden, nur weil sie eine andere Hautfarbe haben. Das ist Alltag in Österreich.

Folgende Zeilen sind sehr zerfranst und nicht fertig gedacht3, aber ich möchte es trotzdem stehen lassen.

Was auch Realität ist, ist dass uns der Geiz die Perspektive verdreht2.
Die lokale Post, die als Systemerhalter während des Lockdowns gefeiert wurden, bekommen 1,56% auf den Lohn.
Die Schwiegermutter erzählte davon, dass bereits wieder „Dann bist du im falschen Job.“ das Mantra im Gesundheitsbereich ist.
Aber in allen Fällen hört man von den Betroffenen „Zumindest habe ich einen Job.“ Das habe ich auch gesagt, als ich trotz Fachablschluss für 800.— netto im Monat in einer Galerie aufgepasst habe…von Kollegen aus ähnlichen Situationen höre ich heute „Wenigstens hattest du einen Job.“ Ledeglich keinen Stress mit dem Arbeitsamt zu haben, scheint ein Lebensziel geworden zu sein.

1. —dieses Blog
2. —derstandard.at
3. So wie das gesamte Blog.

155-2019 | 155-2018

#180-2018

Kirby hat sich aus eigener Kraft von der Bauch in die Rückenlage gedreht. Wir haben uns gefreut; er hat es gelassen ertragen.

Ich habe an der Demonstration der Gewerkschaften gegen die Arbeitszeitflexibiliserung teilgenommen. Es waren mehr Leute gekommen als gedacht; man hätte meinen können das Gewerkschaften noch eine Macht haben. Traurig macht mich das man keine Ideen präsentiert sondern nur gebellt hat. Außerdem war die Route zahm angelegt. Lediglich ein paar Anrainern ist man auf die Nerven gegangen anstatt die gesamt Mariahilferstraße, eine Einkaufsstraße, abzuschreiten.
Ich denke nicht das die Demonstration ohne folgende Betriebsversammlungen Sinn macht. Andererseits, angeblich sind die Streikkassen leer und das Volk faul und vergesslich.
Ich sehe es als vergebene Liebesmüh, aber ein paar Menschen hatten die Chance „Nein“ zu schreien.

die-Menge
ein Teil der Menge an der äusseren Mariahilferstraße

schweisser
die Metaller waren auch da