123 :: Kuscheltierchirurgie

:: 2mai20 ::

Kirby hat nach der Mittagspause geschrien und getobt. Er war sich wohl nicht ganz im klaren darüber, was als nächstes passieren soll bzw. haben wir seinen Wunsch falsch interpretiert, und er war deswegen frustriert.
Im Laufe seiner Darbietung bin ich immer angespannter geworden—in Geist und Körper. Dann ist mir etwas eingefallen, dass die Situation nicht gemildert, aber mir einen Kontext gegeben hat: Alle Personen in seinem Umfeld handeln autonom und wie es ihnen gerade passt. Und er darf sich nur sein Frühstück aussuchen.

Nachts ist er wieder aufgewacht, und brauchte jemanden zum anlehnen. Wie er auf mir eingeschlafen ist, ist mir der Titel für meine Autobiografie eingefallen, und ich habe realisiert, dass ich heute noch nicht weiß was ich will. Wenn man mich damals nicht nach Hause geschickt hätte, würde ich noch immer im Lager des Fahrzeugzubehörhändlers stehen, bei dem ich im Zuge einer Projektwoche gearbeitet habe, und die Bremsbacken sortieren. Damals war ich soweit, die Regale zu zerlegen und die verschiedenen Systeme in optisch schmeichelnderer Reihenfolge wieder aufzubauen. Das ist bis heute so, mein Körper macht, und im Kopf schreibe ich, lasse Erinnerungen an gesehenes ablaufen, plane für die Zukunft oder lasse den Gedankenstrom laufen, bis ich etwas finde worüber ich bewusst nachdenken kann
Und dann spürte ich das Gewicht meines Kindes, wie sein Körper immer schwerer wird, weil er in den Schlaf sinkt.
Eines wollte ich, nachdem ich Kirbys Kuschelaffen an meine Position verpflanzt hatte: ein Kapitel lesen und danach selbst bettschwer werden.

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Wie schaut das aus, wenn ein Atomreaktor hochgefahren wird? —youtube.com


123-2019 | 123-2018

115 :: Regionen kennenlernen

:: 24apr20 ::

Die Frau hat Kirby ein paar lokale, kindgerechte Hörspiele auf sein Medienwiedergabegerät gespeichert. Ja, die Hörspiele sind gut produziert—aber beim hören, ist es mir peinlich anwesend zu sein.
Und das von jemanden, der sich Zeichentrickserien ansieht, in denen einer per Zauberspruch seine Hose auszieht und Selbstbräuner aufträgt[1].
Dem war allerdings schon im Kindertagen so; wenn wir im Zuge einer Schulaktion im Theater waren, ist es mir peinlich gewesen anwesend zu sein. „Hoffentlich kennt mich keiner.“ war damals ein unpassender Gedanke.

Da fällt mir auch eine Führung durch Wien aus meinen Kindertagen ein. Unser Führer – badampf[2] – hat seinen Künstlernamen nach der Vorstellung erklärt, ich erinnere mich heute noch daran, dass ich im Boden versinken wollte.
Heute beneide ich den Mut, den diese Menschen hatten.
Puppentheater war auch immer stinkfad. Aber ich habe mit vier Jahren Robotech[3] gesehen—mein Hirn ist früh vergiftet gewesen.

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Mein Therapeut hat mir vorgeschlagen, die rektalen Regionen von entscheidungsrelevanten Personen des professionellen Alltags besser kennenzulernen.
ich hätte in dem Moment auflegen sollen.

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Japanische Bleistiftminen für mechanische Bleistifte sind besser als die lokaler Marken.
Dazu ein Kuru Toga Bleistift[4]…
ich habe gesprochen.

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Von der siebten Staffel Clone Wars bin ich bisher nicht sonderlich begeistert gewesen—aber in der zehnten Episode haben sie etwas geschafft, dass den Star Wars Animationsserien bisher nicht sonderlich geglückt ist: Sie vermittelt den Eindruck von Masse bei einem Lichtschwertkampf[5]. Wir sind noch nicht ganz „da“, aber mit jeder Serie wird es besser.
Aber es wird wohl nix das letzte Kenobi/Maul Duell schlagen[6]


[1] He-Man transformation – I Have The Power –youtube.com
[2] Comedy drum fill –youtube.com
[3] Robotech –en.wikipedia.org
[4] The most advanced pencil –youtube.com
[5] Ahsoka vs Maul Final Fight –youtube.com
[6] Darth Maul vs Obi-Wan –youtube.com

115-2019 | 115-2018

19mar20

Wir haben es weit genug nach draussen geschafft, um die großen Menschengruppen hinter uns zu lassen. Man nimmt einen tiefen Atemzug – plötzlich wird die Stille gestört und man realisiert: Scheiße, man kommt Ö3[1] in diesem Land nicht einmal bei staatlich angeordneter sozialer Distanzierung aus.

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Beim Comics lesen stoße ich auf DC presents no.12 (1979), welches im vor kurzem erschienen Sammelband Mister Miracle by Steve Engelhart & Steve Gerber nachgedruckt aufliegt. Dieser Comic ist Teil eines Superman Sammelbandes gewesen, welcher mein Vater mir auf einem Flohmarktbesuch gekauft hat – darin habe ich das erste Mal von Mister Miracle und Doctor Fate erfahren, der erste Schritt auf meiner Reise in die weniger bekannten Ecken des Genres.
Mister Miracle ist meine Lieblingsfigur – entkommen, fliehen, ausbrechen, Mister Miracle’s Superkraft ist ein wichtiges Thema in meinem Leben. Und beim lesen habe ich an meinen Vater gedacht, wie er meine Bücherregale und das Spielzeug mit Unverständnis mustert. Und der Satz „Papa fährt den Fluchtwagen.“ ist mir eingefallen. Ich frage mich, ob er sich ebenfalls an den Tag erinnern kann, an dem er mir den Comic gekauft hat.

Cover von DC presents no.12 (1979)
Bildrechte liegen beim Inhaber

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[1] Ö3 ist der reichweitenstärkste Radiosender des Landes, und Teil des österreichischen Rundfunks. Leider, wenn man bedenkt, dass der Schaß mit Steuergeldern finanziert wird, während man Ö1 – den Radiosender der den Kulturauftrag auch ernst nimmt – aushungert.

[manga] Tante NonNon

Autor/Zeichner: Shigeru Mizuki
2019, Reprodukt (1977, Nonnonba to ore)

Shigeru Mizuki ist mir bisher nur durch die Reihe Kiraro[1] bekannt gewesen, als ich erfahren habe, dass er auch eine Hitler Biografie sowie die Reihe ‚Showa – A history of Japan‘ geschaffen hat. Bei den Recherchen zu den weiteren Werken – ich wollte nur einen Kitaro Band haben – bin ich auf seine Autobiografischen Werke gestoßen: ‚Auf in den Heldentot‘ und ‚Tante NonNon‘. Ersteres zeigt seine Zeit als Soldat im zweiten Weltkrieg, und ist mir ein wenig zu viel Realität im Moment, Tante NonNon klingt zwar erst als würde es leichtere Kost bieten – Mizuki-sama erzählt, wie die Witwe eines buddhistischen Mönches ihn als Kind mit den diversen Yôkai[1] der japanischen Kultur bekanntmacht –, auf Seite fünf gibts den ersten Tritt in die emotionalen Eier.
Der Manga hält noch ein paar weitere Tritte bereit, teilt diese allerdings in guten Abständen aus. Dazwischen darf man den Menschen in einer fremden Kultur beim menscheln zuschauen. Allerdings weitab vom Japan aus den den Reiseführern. Mizuki-sama’s Vater versucht die Bildung, die er als einer der wenigen in Tokyo genossen hat, an die ländliche Bevölkerung weiterzugeben. Seine Mutter beschwört des öfteren die hohe Stellung, welche ihre Familie einst in der Gesellschaft einnahm. Und dazwischen ist der Autor selbst, der seinen Platz in der Welt sucht, und dabei einen Teil von sich selbst findet.

Eine Leseprobe findet man auf der Produktseite des deutschen Verlegers, Reprodukt[2].

aus Tante NonNon (2019)
Bildrechte liegen beim Inhaber

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[1] Yôkai
–en.wikipedia.org
[2] Tante NonNon
–reprodukt.com

[comics] Ginseng Roots no. 1-3

Autor/Zeichner: Craig Thompson
2019, Uncoivilized Books

Ginseng Roots no. 1

Craig Thompson…Blankets[1] hat mich vor ca. 20 Jahren unter anderem davon überzeugt, das Comics mehr können. Ich habe zwar davor schon Sachen aus dem Vertigo Verlag gelesen, aber hier hat ein Autor/Illustrator es geschafft, mir einen Teil seines Lebens nachvollziehbar zu vermitteln – sogar die Gefühlsebene.
Und das Selbe hat er hier wieder geschafft. Es beginnt mit dem verwendeten Papier – wobei ich mir nicht sicher bin, ob er bei der Auswahl davon Einfluss genommen hat –, welches die richtige Stärke hat um ein leichtes Oberflächenprofil zu besitzen und…fest und doch weich wirkt. Es passt zum Inhalt: ein Blick in die Kindheit Craig Thompson’s und dessen Bruder, in der sie zusammen mit ihrer Mutter auf einem Ginsengfeld in Wisconsin die Familienkasse aufbessern. Die harte Arbeit ermöglicht es den Kindern, Comics zu erwerben, welche sie wiederum zum träumen an ein anderes Leben, als das der Eltern bringt. Das Papier hat mir am meisten dabei geholfen, eine Verbindung zu dem Werk herzustellen – ich halte ein Objekt in Händen, es hat Struktur und ist fest und vermittelt mir eine Gegenwart, aber es ist auch so leicht, als würde ich die Gedanken eines Menschen in Händen halten. Die Hefte zwei und drei liegen auch schon zu Hause, und ich freue mich schon darauf mehr über Thompson’s harte Zeit auf den Ginsengfeldern der USA zu erfahren.

ginseng-roots-no1-the-thompson-brothers-look-fhrough-comics-while-the-ghosts-of-their-childhood-selves-observe-them
aus Ginseng Roots no.1 (2019)
Bildrechte liegen beim Inhaber

Ginseng Roots no. 2

Bleibt sehr gut. In Heft Nummer zwei geht Autor und Illustrator Craig Thompson tiefer auf die Menschen ein. Der Vorhang zu seinem Leben wird ein wenig weiter geöffnet, und erlaubt uns einen Blick auf eine Überraschung. Was mir gefällt, ist die Art mit der er mit der Menschen kommentiert, aber dabei nicht be- oder verurteilt.
Und dann ist da wieder diese…Poesie. Ein Anflug von Schicksal, als wäre er unbewusst einem Pfad gefolgt oder entlanggeführt worden, an dessen Rand unter anderem ich sitze, und dieses Heft in Händen halte.

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aus Ginseng Roots no.2 (2019)
Bildrechte liegen beim Inhaber

Ginseng Roots no. 3

Ein Ausflug in die chinesische Mythologie bietet den Kontrast zum US-Amerikanischen Traum. Der Gott der Agrikultur[2] entdeckt auf seinem Streben nach Wissen die Wurzel für den Wohlstand amerikanischer Bauern in den 80ern.
Craig Thompson bleibt dabei ein möglichst neutraler Betrachter. Einmal entkommt Ihm die Objektivität, aber es ist angebracht – geht es um Bauern die einerseits die Wetterveränderungen und Ereignisse beklagen, aber den Klimawandel leugnen.

aus Ginseng Roots no.3 (2019)
Bildrechte liegen beim Inhaber

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[1] Blankets (comics)
–en.wikipedia.org
[2] Shennong
–en.wikipedia.org