Ich schenkte mir im Zuge der Weihnachtsaktion des Reprodukt Verlagseine signierte Ausgabe von Nicolas Mahlers Das Ritual. Gerechnet hätte ich mit einer kleinen Zeichnung, entsprechend überrascht war ich über die Realität:
Ich wollte „Unfollow“ nicht lesen—bis eine Kritik die ich darüber laß, meine Entscheidung umstieß.
Meine, durch das Werbematerial entstandenen, Kritikpunkte blieben auch nach dem Lesen des gesamten Comics bestehen.
Der Zeichenstil gefällt mir nicht bzw. ermüdete mich über die Länge. Der Stil passt zu einem Musikvideo, mit dem ich drei Minuten verbringen muss.
Die Geschichte ist vorhersehbar.
Die Social Media Entität Earthboi kultivierte über Jahre eine treue Gefolgschaft mit den Themen Umweltschutz und Selbstverwirklichung durch ein bewussteres Leben. Doch wohnt jeder Utopie eine Dystopie inne.
Zwei Punkte retteten das Comic für mich.
Die Erzählweise.
Die Geschichte wird von Earthboi’s Gefolgschaft aus dem Off erzählt, und die Bilder zeigen Vignetten; und beides wurde so gut kombiniert, dass es keine längen aber angenehmen Interpretationsspielraum gibt.
Das Ende.
Man denkt sich zwar schon davor „Gehen wir jetzt dahin?“ Und wenn man da ist, kann man es—meiner Meinung nach—nicht als haltlose Fiktion abschütteln. Da wurden sich Gedanken darüber gemacht, wie es sein könnte. Ein Blick in die Zeitungen oder ein Gespräch mit der „richtigen“ Person, und man denkt „Gehen wir jetzt dahin?“
Wie gesagt, einerseits rollten sich mir die Scheinbeine auf, als ich hinsah—und klappten im Laufe des Lesens wieder hinunter. Dem Kanon der Pressestimmen kann ich nicht zustimmen, aber es ist ein gelungener philosophischer Denkanstoß zur modernen Form der Prominenz, und was man daraus machen kann.
Seit ein paar Monaten strecke ich meine Fühler nach deutschen Comics aus – wovon ein Mitglied der Satellitenfamilie erfahren hat. Der weist mich seitdem auf die Donjon Reihe hin. „Das ist genau dein Humor.“ ist sein Argument. Die Reihe ist aber ziemlich groß, und die andere Reihe von Autor/Zeichner Lewis Trondheim – Ralph Azham – ist vor kurzem mit dem 12ten Band abgeschlossen worden. Ein Projekt mit realistischen Ende, sollte es mir gefallen. Den ersten Band habe ich gebraucht gekauft – bevor die Bibiothken zugesperrt haben, wollte ich die Reihe dort ausleihen. Die Meldung über die Wiedereröffnung im kommenden Monat, ist mit den drei Bänden bei mir angekommen.
Man darf sich vom Zeichenstil nicht einlullen lassen, es sieht sehr „cartoonisch“ aus, aber die damit erzählte Geschichte bietet eine Kante nach der Anderen. Die namensgebende antropomorphe Ente ist in der Fantasywelt der Handlung ein „Blauer“ – ein Mutant, um im Comicjargon zu bleiben. Im Dorf ist Ralph ein Unruhestifter, der viel Zeit mit dem Absitzen von Strafen verbringt. Und ist der Ruf erst ruiniert…
Und von dort aus entwickelt sich eine Geschichte, die man als Fantasygeschulter Mensch zwar erahnen kann, aber in der Form selten bis gar nicht gesehen hat. Es geht dreckig zu – und manches Mal werden tiefen gezeigt, über dessen auslassen man froh gewesen ist.
Und das hat mich beim lesen gehalten. Ich habe ein Problem mit deutschen Übersetzungen: Sie wirken auf mich wie aufgesetzt. Ralph z.B. klingt für mich sehr monoton. Ich habe zwar eine Idee, wieso das so sein könnte – im Moment finde ich es störend. Aber die Welt und die Figuren, die er auf seinem Weg trifft, und was aus ihnen wird, sowie das Chaos welches sie anrichten, hat mich am lesen gehalten.
Und zum Geburtstag hat man mir den ersten Donjon Band geschenkt…