Papas machen das

Kirby und ich stießen beim stöbern auf eine neue Lego Marke: Monkie Kid. Keiner von uns hatte davon gehört, aber als wir den Ultra Mech sahen, wollten wir alles darüber wissen.
Orientiert sich an chinesischer Folklore[1] welche mit Sci-Fantasy aufgepeppt wird. Mein Favorit ist die Mondkuchenfabrik.

Kirby fürchtet momentan von uns alleine gelassen zu werden. «Dafür bin ich noch nicht alt genug.» sagt er oft, wenn ich aufs Klo gehe. Ich lasse dann immer alle Türen – auch die vom Klo – offen, und lasse ihn meine Selbstgespräche belauschen. Die Frau kann das nicht; ihr kostet es schon Überwindung, die Klotüre unversperrt zu lassen.
Es geht einiges vor in dem jungen Mensch. Er fragt wirso wir Tiere essen, wieso wir nicht wieder Menschen nach deren Tod mumifizieren, was wir mit dem Wort «Monster» meinen, wieso man manchmal gemein ist, und wieso mir das Rauchen schmeckt. Das ich Nichtraucher bin, vergaß er wieder, als er einen anderen Vater vor dem Kindergarten eine Zigarette rauchen sah. «Papas machen das.» wurde ihm von dessen Kind gesagt. «Ich nicht.» sagte ich Kirby, «Ich fahre ja auch kein Auto.» Darauf kam eine gute Lösung von ihm: «Ich mach dir einen Führerschein, ich mach die bestesten im Universum.». Damit sollte ich auch den Mars Rover fahren dürfen.

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Als Elternteil fällt mir immer öffer auf, das die Empathiefähigkeit der Gesellschaft abnimmt; und dass ich da ebenfalls betroffen war, bevor ich Vater wurde. Es fiel mir wieder auf als ich einen kinderlosen Kinderarzt von unfähigen Eltern sprechen hörte. Nicht, dass ich mich für einen fähigen Vater halte – das Gegenteil ist der Fall – aber in der Leistungs- und Selbstoptimierungsgesellschaft funktioniert man mit Kind am effektivsten, wenn man genug Geld auf dessen Betreuung werfen kann bzw. ein Elternteil beim Kind bleiben kann.
Im Fall des Arztes ging es unter Anderem darum, dass es ein Elternpaar nicht schaffte, beim Tod ihres Kindes im Spital zu sein. Ja, ich kann die Empörung nachvollziehen, mein Beißreflex wurde durch die Geschichte ebenfalls ausgelöst; aber könnte ich dabei sein, wenn Kirby seinen letzten Atemzug macht? Die Moral gebietet es, ich habe sein Leben begonnen, und wenn die Möglichkeit besteht, sollte ich auch am Ende dabei sein. Aber wir sind Menschen, haben einen Fluchtteflex, und vielleicht schafft man es nicht dabei zu sein, wenn ein geistloser Körper, dessen Funktion nurmehr durch externe Mittel gewährleistet wurde, sich selbst überlassen wird. Erst recht nicht, wenn der Körper einst Teil von einem selbst war, und der ehemalige Bewohner der liebste Mensch.
Und wir sind wieder bei fehlende Empathie; alleine möchte ich auch nicht sterben. Außer bei einem Suizid.

[1] Zur chinesischen Folklore sagte mir der Hinterkopf «Logisch, du gehst als Firma dort hin, wo die Mittelschicht hingeht.», gleichzeitig hört man, dass die Wirtschaft in China auch nicht mehr so stark wächst.

Rauchzeichen

Die Nichten legte mir mein Weihnachtsgeschenk in den Postkasten – ich schickte zufällig erst gestern die ihren ab. Wir hatten in den letzten Wochen alle zu viel Wahnsinn ausgefasst, und waren deswegen «Weihnachtsmüde». Ich bin begeistert von meinem GTFO Bracelet. Der Stiefvater des Freundes der älteren Nichte ist im Sicherheitsgeschäft, und so ein EDC Werkzeugnarr wie ich es – in Schüben – bin, und empfahl und besorgte dieses Armband. Auf dem Gummiband ist eine Scheibe aus Wolframkarbid, mit dem man Sicherheitsglas beschädigen kann. Die Verwendung erfolgt dabei wie bei einer Steinschleuder: man spannt das Gummiband mit der Scheibe drwuf zwischen zwei Finger, legt die Scheibe am Glas an, zieht zurück, und lässt die Physik übernehmen.
Bei der Ausführung die sie mir schenkten, ist ein Universalschlüssel für Handschellen dabei.

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Kirby fragte mich, wieso ich zu Hause nicht rauche. Im folgenden Gespräch lernte ich, dass er bisher meinte, alle Erwachsenen würden rauchen, und er glaubte mir nicht, das ich mir zwar einmal eine Packung Zigaretten kaufte, und dann wegwarf – und bis heute rauchfrei bin. Das Gespräch erinnerte mich daran, dass wir auf Andere nicht so wirken, wie wir meinen. Wann er mich wohl fragt, ob ich auch einmal nüchtern sein kann…

Tratscherei

Mir wurde mitgeteilt, dass man im professionellen Alltag Mutmaßungen über mich aufstellte: die Frau wäre mit Kirby ins Frauenhaus geflüchtet, weil ich Choleriker mich in der Wut vergaß, und Hand an sie legte; außerdem sei mein letzter Krankenstand ein sogenannter «e-Card Urlaub» gewesen sein – Urlaub durch Krankenschein. Und die Zeit nutzte ich sogar um zu verreisen. Ich; verreisen. Da dürfte man nach dem ins Hirn scheißen nicht runtergelassen haben.
Da sich niemand daran erinnern will wer diese Behauptungen verbreitete – ich weiß wer es war, aber nach 16 Jahren an der Bühnenkante mit mir, hat er die Chance für eine Rechtfertigung –, ließ mich meinen Anspruch auf Elternteilzeit prüfen. Wenn sich meine Neuberechnung des Gehalts mit der meines Arbeitsmgebers deckt, kann ich dem Herren jeden Tag davon erzählen, dass ich jetzt erst einmal mehr Freizeit habe als er. Man darf ja noch träumen.

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Ich habe so eine Art weiteren Schritt ins Erwachsen-sein unternommen: mein Kredit ist ausbezahlt. Natürlich beginnt genau jetzt die Wohnung und das Inventar zu schwächeln.

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Die Zeit nutze ich momentan, um mich von Dingen zu trennen. Das tut weh. Und nicht nur mir. Ich fragte meine Eltern ob sie noch Interesse an den Super-8 Kameras meines Opas haben. Da schwang eine Enttäuschung in ihren Stimmen … aber es ist wie mit analoger Fotografie: der Aufwand an Geld und Zeit wiegt momentan schwerer, als die Freude.
Beim Spielzeug ist das allerdings nicht so einfach. Comics kann ich am Arbeitsplatz verteilen, dort bin ich momentan eine Art Lexikon, und die Leute freuen sich wenn ich ihnen einen neuen Stapel hinstelle und als Bezahlung um ein Saftl – Getränk – bitte. Habens schlimm genug mit der Gnade der späten Geburt erwischt, da sollte die Unterhaltung billig sein. Aber nur, weil die Leute mein altes Zeug haben möchten, muss ich es ihnen ja nicht gleich vor die Nasen stellen, damit sie sich damit das WG Zimmer verstellen. Die sollen nicht so wie ich werden.

Covid19 erlaubt mir inzwischen längere Phasen in denen ich zu mehr in der Lage bin, als auf einen Schirm zu starren. Zumindest konnte ich dadurch ein paar Sachen nach- und aufholen, und mich darüber wundern, was aus dem Filmgeschmack der Masse wurde. Strange Worlds ist doch ein unterhaltsamer Disney Film, der weder besser, noch schlechter als die Anderen sind. Dann ist da halt eine diverse Sammlung von handelnden Figuren, was interessiert einen, was Disney Figuren wie treiben, wenn die Kameras aus sind?

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Kirby hat einen Autoenthusiasten in seiner Gruppe, der ihm einiges über Autobauer und Marken beibringt. Ich bekam einen «Vortrag» über Enzo Ferarri, in dem er sogar erwähnte, man zahle für den Motor, das Chassis und die Verkleidung sind eine Draufgabe. Anscheinend sind sie gerade bei Bugatti angekommen.

Symptome

Covid19 ist eine spannende Krankheit. Ich bin noch immer positiv, mit niedrigem CT Wert, während die Frau nach zwei Tagen negativ war. Meine Stimme kehrt inzwischen für ein paar Stunden am Tag zurück. Meine Haut – vor allem auf Armen und Beinen – hörte auf zu melden, sie brenne. Was noch gemeldet wird, sind tränende Augen, obwohl sie dies nicht tun. Meist kommt dies mit einem Gefühl von schweren, warmen Augäpfel.
Ansonsten ist da noch die Rotznase; der Verlust des Geschmacks- und Geruchssinn – was mit der Rotznase zusammenhängen könnte –; und der Eindruck, 50kg schwerer zu sein.

Vielleicht ist es an der Zeit, beim Bestatter vorbeizuschauen? Ich fand einen, der die Asche des Kunden auf einer Lichtung beerdigt. Die Idee gefällt mir, weil man «unauffindbar» ist. Wenn jemand der Wunsch reitet, sich vor meine Reste zu stellen, kann man es mit einem Spaziergang verbinden und muss sich mit der Natur auseinandersetzen, welche den Platz übernehmen, und mich verschwinden lassen wird.