Möglichkeitsantrieb

Auf dem Weg nach Haus erfuhr ich, dass Frau und Kind im Naturhistorischen Museum sind, also stellte ich die Weichen meiner Strecke entsprechend.
Ich traf sie im Betätigungsbereich Deck 50. Kirby und ein Kind aus seinem Kindergarten, der mit seinen Eltern dort unterwegs war, bauten sie mit Magnetbausteinen. Ich baute mit. Dabei unterhielten wir uns über die Geschwindigkeit von Hubschraubern; die notwendige Schubkraft um der Erdanziehung zu entkommen—zum Glück war ein Triebwerk eine Trillion schnell; die Einheit wurde mir nicht gesagt—; und was ein Satellit an Ausrüstung braucht, um Planeten zu erforschen. Nebenan saß ein älteres Kind, welches alleine vor sich hin konstruierte, und nach einer Zeit nach Bausteinen fragte. Kirby und Kollege verstanden ihn nicht, weil er Englisch sprach, also sprang ich ein. Dabei kamen wir ins Gespräch, und ich war begeistert von der Vorstellungskraft des fremden Kindes. Seine mobile Raffinerie mit angeflanschtem 3D-Drucker war großartig. Woher die Energie für das Ding herkommt? Der Möglichkeitsantrieb! Der bietet die Möglichkeit, die Energie zu erzeugen die für die jeweilige Aufgabe gebraucht wird. Und das war nur eine von den Ideen die er in der Viertelstunde die wir noch dort waren zusammengestellt hatte; ich sah jedoch seine Erwachsenen nicht, was Schade war, denn er suchte nach Anschluss, den er wegen der Sprachbarriere wohl nicht fand. Dabei sprach der ein schön geschliffenes Englisch—für meine Ohren.
Hoffentlich fühlte sich Kirby nicht von mir vernachlässigt. Zuerst rede ich in einer anderen Sprache mit einem anderen Kind, und dann scheiße ich ihn auch noch an, weil er mit seinem Kollegen fangen spielen wollte. Es gab einen Schaumbecher für den Weg nach Hause.

+++

Mein Kollege setzte mich in einen der neuen Stapler um eine Palette Arbeitsmittel zu transportieren. Die neue Steuerung der Hebeanlage verursachte mir Schmerzen im Gehirn. Es gibt keine Hebel mehr, oder einen Joystick; nun hat man einen Multifunktionsschalter, auf dem man alles steuert: Hubmast—Höhe und Neigung—sowie die Gabelträger. Ich kannte das bisher nur über separate Schalter oder Hebel. Die Position der «Handbremse» wurde dafür sinnvoll angepasst. Die Fahrtgeschwindigkeitsregelung «versteckte» man dafür; um ein unbeabsichtigtes Ausschalten zu vermeiden?
Ich war überrascht davon, wie ich den Stapler samt Ladung unfallfrei durch ein … Tor operierte—die Bezeichnung «Tor» gilt in dem Fall nur, weil es breiter war, als eine Tür.

+++

Die Frau und ich schauten das heurige Doctor Who Segment für Children in Need, und kamen zu demselben Ergebnis: es wirkte als wären Moffats und Chibnalls Serien nie passiert. In den Jahren steckte das Franchise doch eher tendenziell mit dem Kopf im eigenen Arsch, aber in dem Moment wo David Tennant den Kopf aus der Tardis steckt, sichtbar gealtert aber sein Schauspiel schien unverändert, ist es wieder 2006[1].
Wie schwer wird es Ncuti Gatwa als 15ter Doctor haben? Tennant legt die Limbostange nicht hoch an, Russel T. Davies und die BBC Produzenten wurden nicht auf der Nudelsuppe angespült, und die Specials die Gatwas Premiere vorbereiten müssen den Karren auf eine andere Straße bringen.
Und da ärgert mich, dass Russel T. Davies nicht schon mit Jodie Whitaker zurückkehrte; oder schon bei Peter Capaldi. Die waren Beide für die Rolle gemacht, und wurden verheizt. Andererseits kann ich verstehen das Davies sich Zeit ließ, wenn man bedenkt wie selbstzerfleischend er im Berufsleben funktioniert—er führte Tagebuch darüber, welches als The Writer’s Tale veröffentlich wurde; und von mir gelesen wurde.

++

Darth Vader gets therapy.

++

Ein wenig gute Ambient Musik: Affection – Affirming – Robert Fripp


[1] … Wobei ich gerne erfahren würde, wie Christopher Eccelston die Figur entwickelt hätte. Der war damals nicht in der besten Verfassung, aber dies, seine unbequeme Art, und Russel T. Davies wären eine interessante Mischung gewesen—ungeachtet der Beliebtheit des Ergebnisses.

11feb20

Comics

Craig Thompson hat etwas neues in den Regalen: Ginseng Roots[1]. Ist wieder etwas autobiographisches:

„Now, for the first time in his career, Thompson is working in serial form, in a bimonthly comic book series. Part memoir, part travelogue, part essay—all comic book—Ginseng Roots explores class divide, agriculture, holistic healing, the 300 year long trade relationship between China and North America, childhood labor, and the bond between two brothers.“

Ginseng Roots erscheint nicht wie üblich im Buchformat, sondern in 12 Einzelheften, welche in einem zwei Monatsrhythmus veröffentlicht werden.
Und deswegen bin ich unsicher. Das großartige an Thompson’s Arbeiten ist, dass es diese Wälzer sind in die man sich reinsetzen kann; oder man rauscht drüber und bekommt durch seine Erzählweise genug mit um der Handlung zu folgen. Mit Einzelheften lässt sich wahrscheinlich ein finanzieller Freiraum schaffen, nur kann einem das Versäumnis einer pünktlichen Veröffentlichung Leser kosten. Ich kenne Mr. Thompson’s Arbeitsweise nicht—ich kenne die Situation von anderen Publikationen, deren Leserschaft im Verlauf der Reihe sinkt und die Kreativen in die Lage zwingt, etwas neues zu bringen. Der US Markt funktioniert komischerweise so, und mit den ganzen Sammlern bzw. Spekulanten macht man mit regelmäßig erscheinenden Erstausgaben ein gutes Geschäft—die Zahl der Käufer einer Nummer zwei kann man mit einem Drittel bis zur halben Käuferschaft der ersten Ausgabe schätzen. Dadurch bleibt das Vorgängerwerk dan meist auf der Strecke—und ich mag offene Enden nicht. Im Moment ärgert mich z.B. das die Injection Reihe[2] nicht fortgesetzt wird, obwohl „nurmehr“ zwei Handlungsbögen zu je vier bis fünf Heften offen sind. Aber Zeichner Declan Shalvey kann gerade woanders mehr Geld verdienen, was man als selbstständiger Künstler ausnutzen muss.

the Gutter

Als Gutter—englisch für Rinne oder Kanal—bezeichnet man in Comics den Platz zwischen den Panelen/Bildern. Viele Kreative und Leser meinen, es sei der Platz in dem der eigentliche Schaffens- und Leseprozess stattfindet; in dem neutralen Gebiet, welches der Leser mit der Information füllt die Ihn in den nächsten Abschnitt führt—in dem „das menschliche Drama“ seinen Lauf nimmt.
So, genug Kontext.
Brüderlein lein fein und ich sind von der älteren Nichte gefragt worden, wie wir unsere Ferien verbracht hätten. Dabei ist uns eingefallen, wie viel Zeit wir damit verbracht haben, zu fabulieren, was in den Comics passiert ist, die Lücken in unserer Sammlung waren bzw. die wir zu dieser Zeit nicht bekommen konnten und auf die in den Comics die wir hatten, verwiesen worden ist.
Was wir uns zusammengesponnen haben, als wir begriffen haben das Batman einen neuen Robin hat—Jason Todd ist von Dick Grayson beerbt worden, ist allerdings so beliebt gewesen, dass die Leser per Telefonumfrage entschieden haben, der Joker solle ihn mit einer Brechstange verprügeln und danach in die Luft sprengen[3]—, haben wir stundenlang diskutiert und angepasst. Die kleinen Kästen mit *siehe „Serie und Heftnummer“ darin haben ausgereicht, um uns über Tage zu beschäftigen. So wie sich heute auf YouTube Leute die wildesten Sachen zusammenspinnen— weil in diesem Star Wars Buch dieses Wort genannt worden ist, und der Caterer des letzten Films einen hat fahren lassen der wie dieses Wort geklungen hat, wird im kommenden Film sicher dieses und jenes geschehen.
Heute denke ich, wenn wir die Augen offen gehalten hätten, hätten wir viel mehr Sekundärliteratur und damit handfeste Informationen gefunden. Ein paar Ausgaben diverser Fachmagazine und Zines haben wir bei den Comic Messen mitbekommen, aber darin haben wir nie nach den Händleradressen Ausschau gehalten, nur die Artikel gelesen, in denen meist über Publikationen aus dem europäischen Raum geschrieben worden ist—und was ich darin über die damals aktuellen Fantastic Four Hefte gelesen habe, hat mir die Zehennägel aufgestellt. Heute muss ich zugeben, dass die damals von mir zu Tode gelesenen John Byrne Ausgaben daran nicht ganz unbeteiligt gewesen sind.
Heute spekulieren Brüderlein fein und ich nur über die Verfilmungen unserer Helden und Schurken. Wir scheren derzeit schon nervös mit den Füßen, weil wir keine Idee haben, was aus den Eternals wird und wann Marvel die Fantastic Four für die Lichtspielhäuser rehabilitiert.

Enttäuschung

In meiner Mittagspause habe ich das Skript zum Theaterstück King Kirby gelesen. Dieses erzählt die Geschichte des—von mir sehr geschätzten—Zeichners und Autoren mit dem Fokus auf den Dingen, welche Ihn beeinflusst haben, und warum er sich hat von der ganzen Industrie ausnutzen lassen.
Es hat mich gefreut die 100 Seiten in einem Rutsch geschafft zu habe —ich lese sehr langsam—aber ich habe in einem Anfall von Geltungssucht die Liste mit den finanziellen Unterstützern des Projekts durchgeschaut. Mein Name steht nicht dabei. Zwei Zustände haben sich dazu in mir gebildet:

1) Wurscht, das Ding ist in der Welt, und die Welt braucht Kirby—außerdem passt es doch zur Geschichte.
2) Was?! Ich habe da nicht wenig Geld hineingesteckt, damit sich ein paar Leute einen Karl auf dem Rücken eines Giganten der Kreativindustrie machen können, und erwarte dafür eine Wertschätzung.

Bin inzwischen in der Mitte angekommen, denke ich.
Das wäre in anderen Lebensbereichen auch wünschenswert.


fußnoten

[1] Ginseng Roots no.1
|uncivilizedbooks.com
[2] Injection (comic)
|en.wikipedia.org
[3] Jason Todd
|en.wikipedia.org