Das Erstgespräch mit einem Therapeuten hat stattgefunden. Die Praxis befindet sich in einem Gebäude mit komplizierter Architektur, die logisch wird, sobald man die Bezeichnung der Stockwerke versteht. Ich wünschte, man hätte die Anschrift nicht nur am Ende der Webpräsenz vergraben, sondern auch auf das Schild neben dem Zugang geprägt—ich kam in der Annahme an, dass es schon auf dem Klingelschild oder im Aufzug oder im Treppenhaus angeführt sein wird.
Das Haus selbst ist allerdings passend für die Beherbergung einer psychotherapeutischen Praxis. Wenn man die Verbindungstür zum Treppenhaus in den «Wohnungstrakt» durchschreitet, meint man die Dimension gewechselt zu haben. Ich hoffe diese Beschreibung ergibt Sinn: Man betritt eine Halle, deren Dach und eine Front verglast ist. Das Dach wird von Säulen gestützt, welche auch die Wege zu den Wohnungen tragen. Und diese Wege verlaufen versetzt zueinander. Ich dachte mir erst, es sei eine Trainingseinrichtung fur Parkourenthusiasten.

Die Therapeutin verwirrte mich weiter. Ich schätze Sie jünger als mich ein, und Sie trug einen dieser … Meditationspyjamas—und das sah so entspannt aus und passte gut zur Einrichtung der Praxis, und bedingt durch die leichte Überforderung durch die Architektur dachte ich, es wäre in Ordnung für mich nun eine Stunde ein offenes Selbstgespräch im Vorzimmer der Praxis zu führen. Gegen Bezahlung natürlich.
Ich hasse es, wenn Therapeuten einem die Möglichkeit mehrerer Sitzplätze bieten. Dahinter steht—wahrscheinlich—keine Absicht, aber mir erscheint es wie der erste Test. Rattansessel mit dem hellgrünen Polster auf dem Flokatiteppich—in der Kindheit Bettnässer gewesen, leichter Fußfetisch mit Schwerpunkt auf Fußgewölbehöhen der so lähmend ist, dass soziale Interaktionen auf die notwendigsten reduziert wurden. Es dauerte eine gefühlt lange Zeit, bis ich mich für einen Sitzplatz entschied. Die Frage nach dem favorisiertem Platz der Therapeutin half auch nicht.
Ich erzählte alles, dass mir in den Sinn kam. Beim zweiten Satz meldete sich schon die innere Stimme mit «Öha, wird jetzt schon kompiziert.», und dies war auch Ihr Resümee. Aber Sie fand den Fall spannend und mich sympathisch, und würde deswegen gerne den Kuddelmuddel weiter mit mir anschauen, und dann endgültig entscheiden, ob wir miteinander arbeiten.
Es war schön zu hören, zumindest sympathisch zu sein.
2021-09-11/#Journal #therapie