Neuschee

journal

Der Schneefall über Nacht erinnerte mich an die vielen Momente, in denen ich einfach nur seine Decke über die Hinterlassenschaft von Kirbys geborstener Windel legen wollte, um mich an einem späteren Zeitpunkt damit auseinanderzusetzen.

Besonders kalt war es nicht, ich holte die Post in Schlapfen, und der Wikinger—ein Nachbar der beruflich bedingt alle paar Monate hier ist—war nur mit Hoodie und kurzer Hose unterwegs.

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Cocoon regte mich auf. Wenn mir Außerirdische anbieten, mich mitzunehmen und mein Leben damit zu verlängern und es zu einer friedlichen und produktiven Zeit zu machen, dann mache ich meinen Platz für mein Kind und Enkel frei, statt »Die Natur war oft unfreundlich zu uns, da können wir sie betrügen.« zu sagen.

wer die Wahl hat

:: Film / After Life ::

Bei diesem After Life handelt es sich nicht um das Ricky Gervais Vehikel auf Netflix, sondern den Film von 1998.
Der Film zeigt die Arbeitswoche einer »Behörde«, die im Raum zwischen Tod und Nachleben arbeitet. Jede Woche kommt eine Gruppe verstorbener dort an, welche gebeten werden den Angestellten deren liebste Erinnerung mitzuteilen. Diese Erinnerung wird vom Personal im Lauf der Woche nachgestellt, gefilmt, und die Verstorbenen nehmen sie als einzige Erinnerung mit ins Jenseits

After Life ist langsam und herzlich. Eine Mischung aus Dokumentation und Spielfilm. Die große Action ist für jede der Figuren vorbei, nun gilt es, diesen einen Moment zu finden, in dem alles zu passen schien, da braucht es keine großen externen Gesten mehr, sondern Reflexion. Die Gespräche mit den Verstorbenen laufen beinahe wie Gesprächstherapie ab, man lässt die Leute reden während man aktiv zuhört, und langsam aber sicher arbeiten sich die Erzählenden zum Kern vor. Jedes Leben wird gleich behandelt, am Ende geht es darum, die Erinnerung in einem Mensch zu wecken.

Wer keine Zeit und/oder Geduld mitbringt, wird hier keine Freude finden. Der Film ist langsam und öffnet sich durch die Dialoge anstatt eines MacGuffin. Am Ende geht es um die Fähigkeit des Films, die Menschen für eine Zeit vergessen zu lassen, und am Leben anderer Teilzunehmen; etwas, dass man in der Flut an immer gleich anmutenden Filmen vergisst.

jetzt hab ichs verstanden

:: Kritik / Aftersun ::

Die Filmkritik überschlägt sich momentan mit Lob für Aftersun, und neugierig wie ich bin, legte ich meine üblichen Sehgewohnheiten beiseite, und schaute selbst.

Stimmt alles.
Wir begleiten Sophie bei einem Urlaub mit ihrem Vater, Callum. Sie bemerkt, dass sie dabei ist, sich zu verändern, und auch wenn sich der junge und frisch von Sophie’s Mutter getrennte Papa Mühe gibt, ist der dabei seine Lebensveränderungen zu integrieren. Darin liegt der Spannungsbogen des Films: Sophie’s beginnenden Aufbruch in eine Zeit, in die Callum zurückkehren möchte. Er gibt sich die größte Mühe, ein Vater zu sein, wirkt aber wie ein prall gefülltes Gepäckstück, dass beim verladen aufplatzen könnte. Und Sophie spürt diesen Druck ebenfalls, und wird Jahre später die Videos durchschauen, in der Hoffnung Versöhnung zu finden.
Die Bilder sind langsam, getaucht in die Farben der 90er, traumhaft und weich, aber präzise.
Bei mir traf der Film eine gute Stelle, meine Eltern waren ebenfalls sehr jung, und bis heute frage ich mich, ob ich sie überhaupt kenne — und ob ich die Menschen hinter diesen idealisierten Versionen jemals kennenlernen werde.

Wortkarg

_ MovieBob über Morbius _

Manchmal braucht man nicht viel sagen.

https://youtu.be/Rtpp3_YcV0o&w=550;encrypted-media

Morbius, der lebende Vampir, war als Kind einer meiner liebsten Marvel Figuren—wahrscheinlich aufgrund seiner hiesigen Obskurität— … und während dieses Kind über die Tatsache, einen Film über Morbius sehen zu können, jubelt, sagte der Erwachsene bereits bei der Ankündigung »Glaub mir, willst Du nicht sehen.«
Übrigens, Tom Hardy fand ich in den Venom Filmen inspiriert, aber ermüdend.

/ 2022-04-2
#film  #comics

153 :: König Sidam

Zuerst etwas positives: die ersten drei Staffeln von Midnight Diner1 sind auf Netflix verfügbar! Jetzt noch die Filme und es ist beinahe perfekt.

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ich werde an dem Sprecherseminar nicht teilnehmen. Mir fehlt es an Selbstbewusstsein, um vor anderen Menschen zu sprechen/vorzulesen—selbst mit Skript im Gwandkasten fällt es mir schwer—, und ich möchte mir nicht schon wieder anhören können, Talentbefreit zu sein bzw. Lob für etwas bekommen, dass mich nirgens hinführt.
Außerdem ist mein Kind jung und braucht das Geld.

ich kann meine Schwiegermutter hören…aber sie versteht auch nicht: es ist ein Kraftakt für mich, aus dem Bett aufzustehen. Und neben der Aufgabe, eine Stunde zum Kursort zu fahren, sich dort zu konzentrieren und wieder zurückzufahren, fürchte ich mich vor den anderen Kursteilnehmern—vor deren Sozialisierung.
„Und was machst du so?“
„Das Wetter ist schon…“
„Coronafall in der Familie gehabt?“
„Politik blablabla“
„Also ich…“
usw.
ich möchte im Moment so wenig menschlichen Kontakt wie möglich haben…

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ich habe Raina Telgemeiers Guts2 gelesen. Liest sich wie ein Teil meiner Vita. In dem Comic beschreibt die Autorin/Zeichnerin, wie sie in ihrer Kindheit auf ihre Angsterkranung aufmerksam geworden ist, und mit der Zeit einen Umgang damit gefunden hat. Man kann es als Werk für Kinder abtun, aber da können sich auch Erwachsene etwas abholen. ich verstehe jetzt, wieso die Frau so eine große Leserschaft hat, denn ich kenne nichts, dass derart mit dem Thema und dem Leser umgeht.
Ein wichtiger Satz darin ist: Sei dir und anderen gegenüber ehrlich.
Dann bin ich das einmal:

ich habe permanente Angst davor, mein Magen oder mein Darm würden sich spontan entleeren.
ich schäme mich für die Geräusche und Gerüche die meine Verdauung erzeugen. Ein Faktor, der mir Angst vor Essen macht.
Der Umgang der Ärzte und meiner Eltern mit der in meiner Familie vorhandenen Stoffwechselerkrankung, was mir auch Angst vor dem Essen bereitet.
Verdauen macht mich langsam, was mir in der Arbeit und jetzt mit Kind Schwierigkeiten bereitet. Niemand scheint begreifen zu wollen, dass ich nach dem essen zuminderst eine halbe Stunde ruhig sitzen oder liegen möchte.
ich finde es wiederlich, andere beim essen zu sehen, aber besonders sie dabei zu hören.

Seit sechs Jahren ist es schlimm.
ich lebe von Käse Sandwiches. Manchmal—zwei Mal im Jahr—ein Stück Paprika.

ich habe das Pech, kein Vertrauen zu meinem Therapeuten zu haben, und wie ich oben erwähnt habe: derzeit scheint mir ich wäre eine Art Verkehrter König Midas: alles was ich berühre wird scheiße.

Laut Urban Dictionary gibt es den Sidam Touch3 sogar.

1 —netflix.com
2 —goodreads.com
3 —urbandictionary.com

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