22mar20

Mein Mjolnir

Schnee! Ist um die Jahreszeit eigentlich üblich, aber das Letzte gewesen mit dem wir gerechnet haben.
Kirby hat sich anfangs gefreut – und uns recht schnell gezeigt, dass wir den Spaziergang abkürzen sollen.

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Während Kirby’s Mittagsschlaf, habe ich wieder den Platz eingeräumt bekommen, den ich zum lesen brauche – und die Chance genutzt um Jason Aaron’s Thor Run zu beenden. Im Lesefluss von King Thor no.4 (2019), habe ich darauf vergessen welchen Platz im Kanon dieses Heft einnimmt – den Abschluss der Reihe unter Aaron’s Autorenschaft. Hier wird nur draufgehauen – jede Seite gibt mindestens zwei Albencover her. Und wenn man denkt, dass es vorbei ist, geht es weiter. Und noch einmal. Und noch einmal.

King Thor rides a shark into battle. In space.
aus King Thor no.4 (2019)
Bildrechte liegen beim Inhaber


Am Ende bleibt nurmehr das Echo des Donners.
Im Nachwort wird man daran erinnert, dass seit dem aufschlagen des ersten Heft ssieben Jahre vergangen sind. Ich weiß noch wann und wo ich es gelesen habe: ein Donnerstag während meiner Mittagspause in einem Regieraum auf einem Nexus7 Tablet. Der Große hat ein paar Monate davor das Unternehmen verlassen, und ich fühlte mich ohne seine Gegenwart verloren – mein Arbeitspapa hatte mich verlassen.

Dann spüre ich das Gewicht von Kirby auf meinem Arm. Und ein Thema der Geschichte des…“fiktiven“ Thor’s, ist die zwischen ihm und dem Allvater Odin. Später habe ich Kirby meine Hand entgegengestreckt – er ist zu mir gekommen, hat meinen Daumen genommen, und mich zum spielen zu sich gezogen. Kirby ist mein Mjolnir[1], ich könnte versuchen seiner würdig zu bleiben.

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Mich erreichen so viele Informationen dazu, wie es in der Welt gerade ausschaut, und ich muss mich zusammenreißen, um es hier zu wiederholen…es ist ohnehin schon deprimierend genug, dass wir gerade erkennen was es heißt, das Fundament einer Gesellschaft aus Geld zu gießen.


[1] Mjolnir (comics)
–en.wikipedia.org

21mar20

Peter ist im Fernsehen

Kirby ist hungrig gewesen und demonstrativ in seinen Hochstuhl geklettert. Er hat den Lagerkoller nicht kompensieren können, also haben wir gedacht wir tun Ihm einen „Gefallen“ und er bekommt ein zweites Mal in dieser Woche Weißbrot. „Möchtest Du eine Scheibe Toast?“ fragte ich Ihn. „Mhmmm“ – seine Antwort wenn er etwas auch essen möchte. Beim Teller holen dachte ich mir „Probier es einfach.“ und fragte „Wie sagt man noch?“ Dann passierte, womit ich nie gerechnet hätte: Kirby sagte klar und laut „Bitte“.

Vormittags lassen wir die Frau in Ruhe arbeiten. Wir bauen eine Bahnstrecke, werken in der Puppenküche – so wie es scheint, muss ich einen funktionierenden Abfluss in das Möbel zimmern – und wir schauen uns Bücher an. Kirby kennt sie alle auswendig, aber er wird ihrer nicht müde – und ich seinem Enthusiasmus nicht. Bei den Büchern von Benji Davies gefallen mir die Illustrationen, da werde ich wohl noch welche auftreiben.

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Die Frau hat sich selbst Homeoffice erteilt. Ihr Arbeitgeber ist sehr wankelmütig in Bezug auf die Form der Weiterführung Ihrer Tätigkeit. Da viele Eltern nun mit Ihren Kindern – welche spezielle Bedürfnisse haben – zu Hause sitzen und überfordert sind, hat Sie sich hingesetzt und Aktivitäten zusammengeschrieben, Checklisten erstellt und Ihr Firmentelefon für Fragen aktiviert.

Es hat sich gut angefühlt, Sie bei der Arbeit zu sehen – hat mir ein Gefühl von Sicherheit gegeben.
Ich „sitze“ da und warte auf einen Anruf.
Je mehr Distanz ich zu meinem Job bekomme, desto absurder wird er. Jeden Tag fragen wir in der Messengergruppe wie es uns geht. Die Väter „schimpfen“ die Singles wegen deren Beschwerden über die aufkommende Langeweile, man scherzt über dies und das – doch am Ende bleibt immer die unausgesprochene Frage: wie lange kann es so weitergehen?
Bester Satz des Abends:

Hopkins, dei Oaschloch is im Fernsehn.

ein Liebhaberkollege

Dazu muss man wissen: als ich einmal das Wort „Anus“ vergessen habe, habe ich im Rahmen der Unterhaltung den Namen „Peter“ als Synonym benutzt. In den Nachrichten hat ein Peter geredet, und dem Liebhaberkollegen hat die Stimmung erdrückt.

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Beim Mittagsschlaf lässt Kirby mir den Platz zum lesen.
Ich habe mich für die letzten paar Hefte von Jason Aaron’s Thor entschieden. Die schiebe ich schon lange vor mir her.

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Der Guardian veröffentlicht ein Video, in dem eine Covid19 Patientin von Ihrem Leid berichtet. Sie ist jünger als ich.
Ein Video aus einer Intensivstation in Italien erreicht mich. Die Ruhe in dem Video ist schrecklich, nur die Maschinen sind zu hören. „We rage against the darkness.“ fällt mir ein – hat einer der Gitarristen in der Band gesagt.

Bei dem abendlichen Applaus für all die Menschen, die uns das moderne Leben erhalten, sind überraschend viele und laute Hände und Stimmen dabei.

20mar20

Hinsetzen, Steine streicheln

Manchmal löst man Erziehungsschwierigkeiten nicht damit, den Griff um das Kind noch fester zu schließen, sondern indem man sich hinsetzt und nichts macht – außer zu lächeln und Steine zu streicheln wenn man dazu aufgefordert wird.

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Ich habe mich bei einem Vorleseservice als – Überraschung – Vorleser beworben.
Und jetzt federe ich wegen des Aufnahmetests.

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Mit Die Natur des Menschen habe ich meinen nächsten Manga zum Thema „Vignetten aus dem Leben“ zu lesen begonnen.

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Wer mit mir auf Telegram tratschen möchte, kann das ab jetzt tun. Username schicke ich gerne auf Anfrage.

[manga] Der spazierende Mann

Autor/Zeichner: Jiro Taniguchi
Neuauflage 2012, Carlsen Verlag (1995, „Aruko Hito“)

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Beim lesen des Vorworts hat sich eine innere Blockade aufgebaut – zu viel Lobhudelei für meinen Geschmack. Doch muss ich auch zugeben, den Manga in einem Moment unsteter Emotionen aufgeschlagen zu haben. Nach der Beendigung habe ich verstanden, woher die gute Meinung kommt.
Der spazierende Mann ist etwas, dass ich mit fortschreitendem Alter immer mehr zu schätzen lerne: ein lauter Schrei aus einem geschlossenen Mund.
Der Leser begleitet einen namenlosen Japaner durch ein paar Augenblicke in seinem Leben in denen er – no na – spaziert. Manchmal hat der Namenlose ein Ziel, oft improvisiert er. Während er durch die Vorstadt einer ungenannten Stadt flaniert, teilt er seine Wahrnehmung mit dem Leser. Worte werden dabei nur wenn es notwendig ist genutzt, und dann nur im Dialog mit anderen Figuren – die Leser bleiben die ganze Zeit Beobachter, welche sich selbst „ein Bild machen müssen.“

Die scheinbare Hypersensibilität der namenlosen Spaziergängers könnte auch dem Umstand entspringen, dass seine Frau und er vor kurzem in die Vorstadt gezogen sind, und er nun ein Gefühl für die neue Umgebung bekommen möchte – eingebettet in das Klischee, welches wir von den Bewohnern Japans haben: Menschen, die bei jeder Handlung mit Geist und Körper voll anwesend sind. Für die Dauer des Lesens könnte man eine Idee davon bekommen, wie dieser Zustand für einen Selbst sein könnte.

Ein großer Kritikpunkt liegt beim Verlag: da prangert „Graphic Novel“ gut lesbar auf dem Cover. Und wenn es Leute dazu bringt, den Band zu kaufen – Juhuu. Gleichzeitig geht es mir das Buzzword auf die Nerven.