Kottan bekrittelt

/TV/Nostalgie

Während der Arbeit besprachen ein Liebhaberkollege und ich die Zukunft des österreichischen Rundfunks, während unsere Praktikantin lernte, einen Verteilerplan zu lesen.
«Ob wir jemals sowas wie „Kottan ermittelt“ auf modern bekommen?»
«Das war schon in den 80ern nicht mehr möglich.» «Nie „Tohuwabohu“ gesehen?»
Da schaltete sich die Praktikantin ein.«Tohuwabohu?»
«Das haben’s in den 90ern rauf und runter gespielt.»
«Die Gnade der späten Geburt hat mir das Vergnügen leider verwehrt.» Da fiel dem Kollegen und mir ein, dass wir—wieso auch immer—alle Menschen am Arbeitsplatz in unsere Altersklasse stecken, so wie unsere Vorgänger ihrerzeit.

Sie sah sich eine Episode an—zehn Minuten lang. «Eh lieb.» war Ihr Urteil.

Ich muss zugeben, 30 Minuten drücke ich auch nicht mehr durch, aber die Erinnerung brachte uns dazu, ein Segment für unsere imaginäre Sketch Serie zu formulieren, in der sich ein in Wien geborener Japaner im wiener Dialekt über die olympischen Spiele echauffiert.

19mar20

Wir haben es weit genug nach draussen geschafft, um die großen Menschengruppen hinter uns zu lassen. Man nimmt einen tiefen Atemzug – plötzlich wird die Stille gestört und man realisiert: Scheiße, man kommt Ö3[1] in diesem Land nicht einmal bei staatlich angeordneter sozialer Distanzierung aus.

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Beim Comics lesen stoße ich auf DC presents no.12 (1979), welches im vor kurzem erschienen Sammelband Mister Miracle by Steve Engelhart & Steve Gerber nachgedruckt aufliegt. Dieser Comic ist Teil eines Superman Sammelbandes gewesen, welcher mein Vater mir auf einem Flohmarktbesuch gekauft hat – darin habe ich das erste Mal von Mister Miracle und Doctor Fate erfahren, der erste Schritt auf meiner Reise in die weniger bekannten Ecken des Genres.
Mister Miracle ist meine Lieblingsfigur – entkommen, fliehen, ausbrechen, Mister Miracle’s Superkraft ist ein wichtiges Thema in meinem Leben. Und beim lesen habe ich an meinen Vater gedacht, wie er meine Bücherregale und das Spielzeug mit Unverständnis mustert. Und der Satz „Papa fährt den Fluchtwagen.“ ist mir eingefallen. Ich frage mich, ob er sich ebenfalls an den Tag erinnern kann, an dem er mir den Comic gekauft hat.

Cover von DC presents no.12 (1979)
Bildrechte liegen beim Inhaber

fußnoten

[1] Ö3 ist der reichweitenstärkste Radiosender des Landes, und Teil des österreichischen Rundfunks. Leider, wenn man bedenkt, dass der Schaß mit Steuergeldern finanziert wird, während man Ö1 – den Radiosender der den Kulturauftrag auch ernst nimmt – aushungert.