Henkersmahlzeit für Allergiker

Eine unbekannte Nummer schreibt uns an „Der Schwiegervater schickt Euch einen Dank, habe ihn vor der Tür abgestellt.“
Eine weitere Nachricht stellt klar, es handelt sich um ein Dankeschön von einem der Nachbarn für die wir einkaufen – eine Henkersmahlzeit für Allergiker: Wein und Schokolade[1].

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Die Frau tätigt eine Überweißung per Foto. Habe mich daraufhin darüber schlau gemacht, wie das funktioniert. Siehe da: Es steckt keine KI dahinter, sondern nur I. Mit dem Benutzen des Service stimmt man zu, dass die Übermittelten Daten von einem datenverarbeitendnen Unternehmen weiterverwendet werden. Also wird jemand der hoffentlich mehr als ein halbes Butterbrot am Tag verdient die Daten für mich in die Maske meiner Bank eintragen und zur Erledigung weitersenden.

Meine Eltern verschicken Ostergrüße per Link zu einer Adresse, die mir Dubios erscheint. Wie ich vermutet habe, Schadsoftware. Letzte Woche hat mein Vater noch über den Striptease auf social media gelästert…

Kein Wunder, warum die Digitalisierung nicht vorranschreitet. Auf der einen Seite setzen Firmen nur weitere Menschen vor weitere Maschinen, auf der anderen Seite braucht jeder einen digitalen Sachwalter. Und in der Mitte sitzen die ganzen Experten die von beiden Seiten – gefühlt – wenig Ahnung haben.

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Kirby hat sich beim einschlafen schwer getan.
Oder er hat sich gegen den Schlaf gewehrt.
Nach 40 Minuten war ich mir da nicht mehr so sicher. Ich habe den Eindruck, das die Frau meine Erziehung zu weich findet – Sie spricht Ihn streng an und er legt sich zum schlafen hin. Wenn ich Ihn streng anspreche tut sich nichts. Also habe ich gegen den Lattenrost des oberen Betts – es ist ein Stockbett – getreten.
Eine Minute später hat Kirby geschlafen.
Nehmt mir das Kind weg…

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Derzeit erscheint es mir so, als wolle man mich ärgern wo es geht.

Zu Hause finde ich keine Ruhe.
Und ich bin so wütend, weil es sich so abspielt, wie ich es befürchtet habe.
Ich hatte die Chance, mich zu trennen, und habe sie nicht genutzt.

In der Chatgruppe der Mitstreiter des professionellen Alltags werden inzwischen Witzvideos usw. verteilt. Es ist frustrierend, das meine Kollegen nicht einmal in diesen Zeiten professionell agieren – außerdem will ich meine Ruhe von denen haben, wenn ich nicht am Arbeitsplatz bin und es nicht um Leben und Tod geht.

Wie oben erwähnt: meine Eltern verbreiten Schadsoftware, und argumentieren mit: Woher soll ich denn wissen, dass das schlecht ist? Wenn einem auf der Straße ein Wildfremder Osterkarten für die installation einer Kamera in der eigenen Wohnung anbietet lehnt man das Angebot dich auch ab. Oder?

Lange dauert es nicht mehr bis zum Geburtstag meines Schwagers, und ich weiß nicht, welche Art von Hilfe die Schwiegermutter von mir braucht.

Alles, was man mir rät ist: Kopf hoch, es wird schon werden.


[1] ich trinke keinen Alkohol und esse keine Milchschokolade mehr – die Frau mag allerdings ab und an Milchschokolade.

die Löcher auf die wir gewartet haben

– 3apr20 –

Es ist lächerlich: jetzt wo wie Lieferkette bedroht und der Verkaufsraum gesperrt ist, kommt zumindest ein Magazin welches ich Regelmäßig lese drauf: Wir könnten ja unsere digitalen Vorlagen individuell mit Wasserzeichen versehen, und zum Kauf anbieten.
Ist noch keine Realität, es ist nur Schade was passieren muss, damit sich etwas verändert.

Der Tag hat mich deprimiert entlassen, ich lese mich deswegen mürrischer als üblich.

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Die Frau hat Kirby die Haare geschnitten. Ich finde es passt Ihm.

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Puh, die Tales From The Loop Serie ist…die versuchen europäisches Achtsamkeitsfernsehen zu machen – nur heißt das nicht, 20 Minuten vorhersehbare Handlung auf 60 zu strecken, indem man alles in die Länge zieht. Da muss mehr Substanz rein als schöne Kameraeinstellungen und ein Soundtrack, der mir sehr leise sagt wie ich mich fühlen soll, und damit umso lauter wirkt. In der Serie steckt Geld, nur schafft Amazon es – für meinen Geschmack – nie etwas vollständiges zu schaffen. Ein Problem das Netflix Produktionen inzwischen auch immer wieder plagt.


vorbeigelaufen

Notfalls mit Militär: Dänemark will mit restriktiven Gesetzen Corona eindämmen
–fr.de
ich fürchte mich mehr vor den Menschen als dem Virus.

Cats: The Butthole Cut that everyone asked for is here
–boingboing.com

28mar20

die „der Wiener“ Asana[1]

Nicht alle Bankfilialen stellen im Moment Personal hinter deren Schalter, sondern überlassen die Abwicklung der Geldgeschäfte den Maschinen im Foyer – ein Horrorszenario für die Senioren Österreichs, darunter auch meine Großmutter. Die hat sich bei mir über den Umstand beschwert, dass Sie mit der Situation alleine gelassen wird. Als Risikopatientin hat sie auf der Bank nur im Notfall etwas zu suchen, und ich habe schon vor 25 Jahren gepredigt: Bitte freundet Euch mit den Maschinen an, denn die werden die Menschen ablösen. Damals habe ich dasselbe gehört wie heute – ein Satz, der in der DNA und dem Weg der Österreicher steht –: Ich bin schon so alt, was geht mich das an. Sogar meine Eltern haben mir das zu dem Zeitpunkt gesagt.
Das Familientelefonat ist allerdings im Verlauf besser geworden. Wieso die Arbeitslosen eigentlich nicht für wichtige Arbeiten zwangsverpflichtet werden, hat man sich gewundert. Da bin ich aus der Unterhaltung ausgestiegen. Ich bin im Moment enttäuscht von diesen Menschen, die ständig die Sozialdemokratie beschwören, und dann solche Ideen äussern.

Die Verweigerungshaltung ist auch die Grundstellung bei den älteren Kollegen im professionellen Alltag. „Der Jugend fallen die neuen Sachen leichter.“ Ja, nur ist meine Jugend auch schon 20 Jahre her. Vor der Quarantäne haben wir ein neues Lichtpult zur Ansicht bekommen. Das Prinzip der Bedienung ist dem unserer jetzigen Konsolen ähnlich – trotzdem werden wir uns bei einer Umstellung die Handbücher gegen die Schädel schlagen und hoffentlich einen externen mit der Besorgung von Biervorräten zu einem Crashkurs überreden können. Vor zwanzig Jahren hätte ich mir das alles erspart, da hätte eine Geistesverschmelzung gereicht.

Und wo andere sich wehren, nörgle ich…es steckt in im Erbmaterial.

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Kirby hat ein Synonym für Nudeln: Bombroy. Auch wenn ich es nicht schaffen werde, möchte ich versuchen dieses Wort in den Duden zu bringen.
Oder zumindest ins Urban Dictionary.


[1] Asana
–de.wikipedia.org

3mar20

Nachts habe ich die medizinische Hotline angerufen. Vor ein paar Wochen habe ich mit einer Produktion aus China zusammengearbeitet—die hatten alle den typischen Tourschnupfen. Trotzdem wollte ich auf Nummer sicher gehen. Man wartet derzei 25 Minuten auf eine Verbindung. Kürzer als in anderen Teilen Europas. „Der Kontakt mit Menschen aus einer betroffenen Region soll mich nicht stören. Hausarzt wird das schon machen. Gute Nacht.“ Ich mache mich deswegen nicht wahnsinnig—intensive grippale Infekte gehen seit zwei Jahren herum, im Hinterkopf hämmert allerdings die Angst davor meine Familie und Kollegen mit etwas anzustecken.

Vaterfreuden

Wir haben den ehemlagien Stillsessel an Brüderlein fein weitergegeben und Kirby dafür einen Tisch besorgt. Im Kindergarten sitzt er an einem, und es scheint Ihm zu gefallen.
Und zu Hause scheint es ebenso zu sein. Gestern hat er sich zum Malen am Tisch niedergelassen. Ein Paar der übrig gebliebenen Spiegelfliesen haben wir am Regal gegenüber angebracht, er stellt sich gerne Gegenstände vor seine „Spiegelwand“ und scheint sie simultan von „beiden Seiten“ zu beobachten.

die liebe Familie und deren Bildung

Die große Nichte hat noch immer Softwareprobleme. Das Problem ist nur, dass sie sich immer erst nachts meldet. Gestern bin ich auf dem Weg zur Nachtruhe gewesen, als Sie Sich nach der Einbettung von Medien in Ihre Präsentation erkundigt hat. Wieso will deren Lehrer ein Referat in einem bestimmten Format gehalten haben, aber niemand setzt sich mit den Kindern hin, und erklärt Ihnen wie die Software funktioniert und wie die Rechtslage bei der Verwendung von externen Materialen ausschaut? Aber alle Schüler bekommen jetzt Tablets, weil Digitalisierung und was das Bullshitbingo noch so hergibt. Verwendet das System endlich um den Menschen die Werkzeuge in die Hand zu drücken, die sie brauchen um sich bilden zu können—um die Welt und sich erkennen zu können.
Ich sage bescheid wenn die große Nichte Ihr Referat fertig hat, dann können wir damit beginnen, das System zu stürzen.

Verwechslungen und Überforderungen

Beim Tischkauf sind wir an einer Buchhandlung vorbeigekommen. Wir hatten Zeit, die Frau wollte sich über populäre Kinder- und Jugendliteratur bilden und ich dachte mir ich schaue nach, ob die noch das Akira-Set im Regal stehen haben—haben sie nicht mehr.
Beim stöbern bin ich einem Irrtum erlegen. Ich dachte erst, dass man eine Biografie von Majel Barrett[1] geschrieben bzw. übersetzt hat, dabei war es Margaret Atwood auf dem Cover, den Vulkanischen Gruß zeigend. Einer der Liebhaberkollegen versucht mich immer davon zu überzeugen, endlich The Handmaid’s Tale zu lesen oder zu schauen—ich bin mir aber unsicher, ob das meine Depression nicht entgültig übernehmen lassen würde. Ich habe stattdessen das Buch gekauft[2]—und weil es etwas deutsches ist, habe ich mir Maker Of Patterns von Freeman Dyson[3] auch mitgenommen.

Auf dem Weg sind wir an einem Comichändler vorbeigekommen. Beim Überschreiten der Schwelle in den Verkaufsraum habe ich meine Entscheidung bereut. Anscheinend habe ich meine Fähigkeit verloren, meine Konzentration bei lauter Musik zu wahren. Mein Gehirn ist nur dabei gewesen die Daten über das Lied herauszufinden. Der Frau ist es ebenfalls aufgefallen. „Du brauchst dich nicht hetzen, wir haben noch Zeit.“ hat sie zu mir gesagt. „Das ist gut, weil ich habe keine Idee was ich hier will.“
Es ist unfair das die deutschen Ausgaben vieler US-Comics übergroße Hardcoverausgaben bekommen.


vorbeigelaufen

[1] Majel Barrett
–en.wikipedia.org
[2] Aus dem Wald hinausfinden: Ein Gespräch mit Caspar Shaller
–amazon.de
[3] Maker of Patterns: An Autobiography Through Letters
–amazon.de


Danke Hoardworld, wieder ein paar philosophische Beschäftigungsmöglichkeiten für die schlaflosen Nächte.