Anscheinend habe ich den Punkt erreicht, an welchem man im liegen Medien nicht mehr konsumieren kann, ohne einzuschlafen. Ich habe keine Ahnung wie lange der Bildschirm auf meinem Gesicht gelegen ist bevor die Frau mich deswegen geweckt hat.
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Beim Wocheneinkauf habe ich darauf gewartet in die Donnerkuppel eingeladen zu werden. Ich verstehe schon, die Menschen haben gerade Angst – aber mit der Gasmaske einkaufen gehen ist…vielleicht ist die Familie vorbelastet. Das ignoriere ich oft. Ein Kollege ist durch seinen Nierentumor ein Risikopatient, und gerade einmal zwei Jahre älter als ich. Mein Opapa ist durch seine Nierengeschichte auf den „Cleanroom“ in seinem Haus angewiesen. In der Satellitenfamilie gibt es einen bestätigten Covid19 Fall, und obwohl da keine Vorerkrankung bekannt ist, macht man sich Sorgen. Wer bin ich schon, dass ich eine Familie in Gasmasken schief beäuge, als sie sich gegenseitig anschreien – weil die Masken die Stimme dämpfen.
Und einer der älteren Nachbarn für die wir die Botendienste erledigen, hat uns mitgeteilt, dass er gerade im Spital liegt und wir uns keine Sorgen machen müssen. Seinen Kuchen sollen wir aber bitte trotzdem kaufen und an die Haustür hängen – seine Kinder schmuggeln den dann ins Spital. Ob die den Kuchen in eine Feile stecken?
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Der Himmel ist blau, die Erde ist weiss ist ein zäher Manga.
Cradle Of Filth haben eine neu gemasterte Version eines meiner liebsten Alben von Ihnen, Cruelty and the Beast, veröffentlicht. Spannend, dass der „trockene“ Sound des Originals anscheinend nicht nur gemocht wird. Die neuen Versionen sind gefälliger, gebe ich zu, das Original bleibt mir durch die nostalgische Färbung eher im Gedächtnis.
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Nach langem habe ich wieder Barfußschuhe getragen. Es ist ein gutes Gefühl, und man merkt, wie einen Schuhe einengen.
Manchmal löst man Erziehungsschwierigkeiten nicht damit, den Griff um das Kind noch fester zu schließen, sondern indem man sich hinsetzt und nichts macht – außer zu lächeln und Steine zu streicheln wenn man dazu aufgefordert wird.
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Ich habe mich bei einem Vorleseservice als – Überraschung – Vorleser beworben. Und jetzt federe ich wegen des Aufnahmetests.
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Mit Die Natur des Menschen habe ich meinen nächsten Manga zum Thema „Vignetten aus dem Leben“ zu lesen begonnen.
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Wer mit mir auf Telegram tratschen möchte, kann das ab jetzt tun. Username schicke ich gerne auf Anfrage.
Beim lesen des Vorworts hat sich eine innere Blockade aufgebaut – zu viel Lobhudelei für meinen Geschmack. Doch muss ich auch zugeben, den Manga in einem Moment unsteter Emotionen aufgeschlagen zu haben. Nach der Beendigung habe ich verstanden, woher die gute Meinung kommt. Der spazierende Mann ist etwas, dass ich mit fortschreitendem Alter immer mehr zu schätzen lerne: ein lauter Schrei aus einem geschlossenen Mund. Der Leser begleitet einen namenlosen Japaner durch ein paar Augenblicke in seinem Leben in denen er – no na – spaziert. Manchmal hat der Namenlose ein Ziel, oft improvisiert er. Während er durch die Vorstadt einer ungenannten Stadt flaniert, teilt er seine Wahrnehmung mit dem Leser. Worte werden dabei nur wenn es notwendig ist genutzt, und dann nur im Dialog mit anderen Figuren – die Leser bleiben die ganze Zeit Beobachter, welche sich selbst „ein Bild machen müssen.“
Die scheinbare Hypersensibilität der namenlosen Spaziergängers könnte auch dem Umstand entspringen, dass seine Frau und er vor kurzem in die Vorstadt gezogen sind, und er nun ein Gefühl für die neue Umgebung bekommen möchte – eingebettet in das Klischee, welches wir von den Bewohnern Japans haben: Menschen, die bei jeder Handlung mit Geist und Körper voll anwesend sind. Für die Dauer des Lesens könnte man eine Idee davon bekommen, wie dieser Zustand für einen Selbst sein könnte.
Ein großer Kritikpunkt liegt beim Verlag: da prangert „Graphic Novel“ gut lesbar auf dem Cover. Und wenn es Leute dazu bringt, den Band zu kaufen – Juhuu. Gleichzeitig geht es mir das Buzzword auf die Nerven.
Es sind weniger Menschen auf der Straße – zum Großteil Ältere. Es wird weniger, aber es wird gehamstert. Viele der vollen Einkaufstauschen sind jedoch nicht nur für die Träger, sondern andere Menschen bestimmt. Man sieht viele Schutzmaksken – keine davon sitzt richtig, manche werden unter der Nase getragen. Manchmal sieht man Handschuhe, aber keine Disziplin – man greift sich ins Gesicht, telefoniert, und nimmt die Handschuhe durch ziehen an den Fingerspitzen ab. Wenn die Studien über die Länge der Pandemie stimmen, sollten die Menschen aufgeklärt werden – aber wieso sollte es bei dieser Verhütung anders laufen?
Yashica Electro 35 Ilford hp5 400 +1
In der Nacht lässt Kirby einen Plärer hören, der die Frau und mich im Bett stehen lässt. Als wir neben seinem Bett stehen, wirkt er ebenso erschrocken wie wir. Zehn Minuten später schläft er wieder.
Nachmittags führt die Frau Ihn aus. Ich versuche mich in der Zeit zu beruhigen – ich habe kein Problem damit nicht aus der Wohnung zu gehen, ich habe ein Problem damit, anderen Menschen und deren Emissionen nicht entkommen zu können. Beim Mittagsessen trage ich meinen Gehörschutz. In der Zeit lese ich Der spazierende Mann[1]. Es hilft; den Manga muss ich gesondert besprechen.
Für den Rest der Woche bin ich freigestellt. Zu welchen Bedingungen wird noch geklärt. Die Frau ist einberufen worden, es fehlt an Personal.
Um 18h ist geplant, den Menschen zu applaudieren, die sich darum kümmern, dass sich die Welt halbwegs stabil weiterwuzelt. Die Aktion läuft besser ab, als der gestrige Aufruf dazu, die Bundeshymne zu singen. Im einsehbaren Radius unseres Grätzls[2] sind es drei Parteien die klatschen. Kirby ist auch dabei.
Machine Sentai Kiramager[3], die aktuelle Super Sentai Serie ist überraschend brutal – da wird der gute König von einer Gruppe feindlicher Soldaten noch zusammengetreten nachdem er schon auf dem Boden liegt, während sich dessen Tochter eine Ecke weiter versteckt – und es enthält das verstörendste Kostüm, das ich in meiner Tätigkeit als Zuschauer dieser Sendungen bisher gesehen habe.
[update 12.03.2020]: Cover für Second Coming no.1 (2019) hinzugefügt.
Im Laufe des Nachmittags habe ich meine Sprechstimme verloren. Es ist nicht unangenehm gewesen, zu flüstern. Es soll nicht zu einem Dauerzustand werden, war aber ein Weckruf dafür, mit Sorgfalt zu sprechen.
professioneller Alltag
Es ist soweit: „Es wird uns nie treffen.“ hat uns erwischt. Outdoor/Indoor Veranstaltungen mit mehr als 500/100 Teilnehmern sind abgesagt – wir haben vorerst bis zum dritten April keine Arbeit mehr. Wie es weitergeht? Keine Ahnung, die Versicherungen steigen anscheinend aus. Ein paar kleinere Spielstätten versuchen die Sache zu umgehen, indem sie zwei Sets spielen lassen, zu denen sie jeweils die maximale Anzahl einlassen.
ein Ort der Ruhe
Nachdem gestern im professionellen Alltag nurmehr wild spekuliert wurde, wie es denn weitergehen könnte, habe ich mir ein paar Stunden frei genommen und bin zur Hauptbücherei gefahren. Welch ein verwirrender Ort. Trotz aufmerksamer Betrachtung des Gebäudeplans hat es eine Begehung mit ein paar Vergehungen gebraucht bis ich ein Gefühl für den Ort hatte. Aber es ist so schön ruhig. Die Bücherrei, in der ich mich habe einschreiben lassen, hat nicht den Platz in dem sich Geräusche verlaufen können, und der Straßenlärm ist dort noch wahrnehmbar. Aber dort war mein Schlüsselbund die einzige unnatürliche Geräuschquelle – welche ich natürlich gleich beseitigt habe. Mir ist es auch so vorgekommen, als wären die Leute alle geschlaucht. Wenn man fürs Studium oder in einer sonstigen professionellen Kapazität dort einkehrt, kann die ruhige Atmosphäre erdrückend sein – die älteren Semester haben einen entspannten Eindruck gemacht. Natürlich habe ich mich bei den Comics umgeschaut, und bin positiv überrascht darüber gewesen wieviele Werke von Jack Kirby verfügbar sind. Sogar in aktuellen Ausführungen. Zwei dickere Mangas habe ich entliehen. Der Prozess ist auch spannend. Dafür benutzt man einen Automaten, der die Medien durch bloßes auflegen – egal wie ausgerichtet – unter einem Scanner erkennt und verbucht. Es ist 2020 und das Ding wird rundum nach den Barcodes scannen, oder ist im Label ein RFID Chip untergebracht, oder hocken miniaturisierte Bibliothekare in den Gehäuse und Tippen alles ab – es sollte mich nicht überraschen, aber ich war erst einmal euphorisch. Mein Nachbar dürfte mein kichern mitbekommen haben. Kann aber auch ein Kommentar auf meinen Geschmack gewesen sein.
Vaterfreuden
Wir haben Kirby’s Geburtstag „zuendegefeiert“. Die Großeltern sind vorbeigekommen, wir haben seine Kinderküche aufgebaut – und ich habe schon ein paar Ideen dazu, wie man sie ausbauen könnte – und mit seiner neuen Eisenbahn gespielt.
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Er hat nun eine neue Verhaltensweise: er klammert sich an mein Bein, und steigt auf meinen Fuß, will allerdings nicht, dass ich einen Schritt mache. Nach ein paar Augenblicken ist es dann wieder gut, und er ist wieder unterwegs.
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Es ist interessant wie sich die Aufmerksamkeit der Frau und mir gedreht hat. Seit sie einen Grund dafür hat, sich weniger um Kirby zu kümmern, höre ich seine nächtlichen Geräusche, während sie diese zwar mitbekommt, und als Traum im internen Aktenschrank ablegt.
: Comics
Ich habe es nicht geschafft, Bettschwer zu werden – also habe ich ins Regal gegriffen:
:: Tante NonNon (2019)
Shigeru Mizuki ist mir bisher nur durch die Reihe Kiraro[1] bekannt gewesen, als ich erfahren habe, dass er auch eine Hitler Biografie sowie die Reihe ‚Showa – A history of Japan‘ geschaffen hat. Bei den Recherchen zu den weiteren Werken – ich wollte nur einen Kitaro Band haben – bin ich auf seine Autobiografischen Werke gestoßen: ‚Auf in den Heldentot‘ und ‚Tante NonNon‘. Ersteres zeigt seine Zeit als Soldat im zweiten Weltkrieg, und ist mir ein wenig zu viel Realität im Moment, Tante NonNon klingt zwar erst als würde es leichtere Kost bieten – Mizuki-sama erzählt, wie die Witwe eines buddhistischen Mönches ihn als Kind mit den diversen Yôkai[2] der japanischen Kultur bekanntmacht –, auf Seite fünf gibts den ersten Tritt in die emotionalen Eier. Der Manga hält noch ein paar weitere Tritte bereit, teilt diese allerdings in guten Abständen aus. Dazwischen darf man den Menschen in einer fremden Kultur beim menscheln zuschauen. Allerdings weitab vom Japan aus den den Reiseführern. Mizuki-sama’s Vater versucht die Bildung, die er als einer der wenigen in Tokyo genossen hat, an die ländliche Bevölkerung weiterzugeben. Seine Mutter beschwört des öfteren die hohe Stellung, welche ihre Familie einst in der Gesellschaft einnahm. Und dazwischen ist der Autor selbst, der seinen Platz in der Welt sucht, und dabei einen Teil von sich selbst findet.
aus Tante NonNon (2019) Bildrechte liegen beim Inhaber
:: Second Coming (2019)
Cover von Second Coming no.1 (2019) Bildrechte liegen beim Inhaber
Gott schickt Jesus in die Obhut von Sunstar, dem mächtigsten Superhelden, um ihm die Flausen auszutreiben. Autor Mark Russel hat mit seiner Interpretation der Flintstones und Snaggelpuss für DC-Comics, meinen Geschmack getroffen – und auch hier trifft er ins Schwarze. Hoch anzurechnen ist ihm, dass sein Werk nie beleidigend ist. Wer sich erwartet, hier wird ordentlich gegen Religion gewettert – so wie ich – der wird enttäuscht werden. Den der Umgang mit dem Thema ist von dem notwendigen Respekt geprägt. In einem Interview mit Mark Russel[3] erwähnt er, seine Skripte seien den Redakteuren bei DC-Comics zu ausschweifend gewesen seien und deswegen entsprechend gestrafft wurden – was man Second Coming beim lesen anmerkt. Trotzdem bleibt es einer der unterhaltsamsten Comics, die man auch erwähnen kann, um Menschen zu zeigen was in dem Medium alles, und exklusiv nur in diesem, möglich ist.